Von Schwerarbeit bis Notstandshilfe: Sozialausschuss berät über breites Themenspektrum

Anträge der Opposition durchwegs vertagt

Wien (PK) Im letzten Teil der heutigen Sitzung des Sozialausschusses des Nationalrats stand auf Basis von Anträgen der Opposition ein breites Themenspektrum zur Debatte. Neben der Forderung nach einer Adaptierung der Kriterien für Schwerarbeit ging es etwa um ehrenamtliche Arbeit, reduzierte Arbeitslosenversicherungsbeiträge, Weiterbildung, die Förderung langlebiger und reparierbarer Produkte sowie um die Notstandshilfe. Die Anträge wurden schließlich durchgehend vertagt, wiewohl die Regierungsparteien etliche Forderungen der Opposition kritisch sehen.

Opposition mit Initiativen zum Thema Schwerarbeit

Zum Thema Schwerarbeit lagen dem Ausschuss gleich vier Initiativen vor. So spricht sich die SPÖ dafür aus, bei der Beurteilung von Nachtschwerarbeit künftig verschiedene Belastungen wie besonderer Lärm, Hitze, Kälte, Erschütterungen, das Tragen von Atemschutzgeräten oder besonders anstrengende Bildschirmarbeit kumulativ zu bewerten ( 123/A(E) ). Zudem sieht SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck nicht ein, dass ArbeitnehmerInnen, die jahrzehntelang Nacht- und Schwerarbeit geleistet haben, Pensionsabschläge von 4,2% pro Jahr – bis maximal 13,8% – haben, wenn sie mit Ende des 57. Lebensjahres das ihnen zustehende Sonderruhegeld in Anspruch nehmen ( 124/A(E) ). Schließlich würden vom Dienstgeber für Nachtschwerarbeit zusätzliche Pensionsbeiträge eingezahlt. Der Parlamentsklub JETZT kritisiert, dass die Berechnung des für Schwerarbeit maßgeblichen Kalorienverbrauchs auf den 8-Stunden-Tag abstellt und 12-Stunden-Tage keine Berücksichtigung finden ( 378/A(E) ).

Einen anderen Ansatz verfolgen die NEOS. Sie plädieren dafür, ArbeitnehmerInnen, die in gesundheitsbeeinträchtigenden Berufen arbeiten, rechtzeitig Umschulungsangebote anzubieten ( 354/A(E) ). Damit könnten spätere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die zu einer Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension führen, vermieden und auch die Zahl der BezieherInnen einer Schwerarbeitspension reduziert werden, ist Gerald Loacker überzeugt. Die derzeitigen arbeitsmarktpolitischen Instrumente für ältere ArbeitnehmerInnen würden viel zu spät ansetzen.

Die Forderung nach einem Berufswechsel hält SPÖ-Abgeordneter Keck allerdings für illusorisch. Wenn jemand jahrzehntelang Nachtschwerarbeit geleistet habe, bekomme er keinen anderen Job, glaubt er. Keck fordert vielmehr eine faire Lösung für Beschäftigte, die Nachtschwerarbeit leisten. Wer beispielsweise in der Nacht drei Stunden extremer Hitze und danach zwei Stunden extremem Lärm ausgesetzt sei, falle nicht unter das Nachtschwerarbeitergesetz, weil keine der besonderen Belastungen überwiege.

Tanja Graf (ÖVP) hält von gesetzlichen Einzelmaßnahmen allerdings wenig. Man müsse das System, das einzelne Gruppen sehr privilegiere, insgesamt evaluieren, meinte sie. Zudem vermisst sie eine Berechnung der finanziellen Auswirkungen der Anträge. Zur Feststellung von Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT), dass sie mit ihrem Antrag eine Forderung des ÖAAB und der FCG-Gewerkschaft aufgegriffen habe, merkte Graf an, nicht jede politische Forderung eigne sich für einen Gesetzesantrag.

Seitens der NEOS hob Gerald Loacker hervor, dass die Anträge von SPÖ und JETZT darauf abzielten, dass einzelne Beschäftigte früher und mit mehr Geld in Pension gehen können. Mit einem früheren Pensionsantrittsalter setze man aber einen Anreiz für die Betroffenen, weiter in einem gesundheitsschändlichen Beruf zu bleiben, statt diesen zu wechseln. Zu einem Umdenken könnte seiner Meinung nach eine Verpflichtung der Sozialversicherungen beitragen, für drohende Invaliditätspensionen eine Riskiorücklage zu bilden.

Werner Neubauer (FPÖ) gab zu bedenken, dass ein früherer Pensionsantritt auch finanziert werden müsse. Er rechnet mit Mehrkosten von 70 bis 80 Mio. €, sollten die Abschläge für BezieherInnen von Sonderruhegeld wegfallen. Zudem wäre eine weitere Besserstellung von SonderruhegeldbezieherInnen seiner Ansicht nach eine Ungleichbehandlung. Man wolle sich den Antrag der SPÖ aber noch einmal anschauen, begründete er dessen Vertagung. Auch die anderen Initiativen zum Thema Schwerarbeit wurden von den Koalitionsparteien in die Warteschleife geschickt.

SPÖ für bessere arbeitsrechtliche Absicherung freiwilliger HelferInnen

Bereits zum zweiten Mal auf der Tagesordnung stand ein von der SPÖ vorgelegter Antrag zur besseren sozialrechtlichen Absicherung freiwilliger HelferInnen ( 274/A ). Konkret geht es ihr darum, ArbeitnehmerInnen, die Mitglied bei einer Freiwilligen Feuerwehr, einer Katastrophenschutzorganisation oder einem Rettungsdienst sind, einen Anspruch auf Freistellung von bis zu fünf Arbeitstagen pro Dienstjahr für Katastropheneinsätze einzuräumen und ihnen in dieser Zeit das Gehalt weiterzuzahlen. Die dem Arbeitgeber dadurch entstehenden Kosten sollen aus dem Katastrophenfonds abgedeckt werden. Zweimal hat die SPÖ dazu auch schon einen Fristsetzungsantrag im Nationalrat eingebracht, einen Meinungsumschwung bei den Koalitionsparteien konnte sie dadurch aber nicht erreichen. 

Das derzeitige System funktioniere gut, er sehe keinen Bedarf an einer gesetzlichen Änderung, bekräftigte Norbert Sieber (ÖVP). Zumal das gute Image der freiwilligen HelferInnen stark auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhe. Er und sein Fraktionskollege Klaus Lindinger fürchten außerdem Nachteile für freiwillige HelferInnen im Berufsleben, sollte ihnen ein Rechtsanspruch auf freie Tage eingeräumt werden. Überprüfen sollte man Sieber zufolge allerdings die unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern, in diesem Sinn beantragte er die neuerliche Vertagung des Antrags.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch wies demgegenüber darauf hin, dass die Freiwilligen Feuerwehren an ihre Leistungsgrenze angelangt seien. Darauf habe auch der oberste Feuerwehrkommandant aufmerksam gemacht. Es brauche auch in Zukunft ausreichend freiwillige HelferInnen. Dietmar Keck (SPÖ) betonte, dass die Freistellung ausschließlich für Katastropheneinsätze gedacht sei und freiwillige HelferInnen auch einen Beitrag dazu leisten, dass andere ArbeitnehmerInnen in die Arbeit kommen.

NEOS für mehr Gerechtigkeit bei reduzierten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker tritt dafür ein, die gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu adaptieren ( 598/A(E) ). Er sieht nicht ein, dass die auf NiedrigverdienerInnen abzielenden reduzierten Beitragssätze auch jenen zugutekommen, die aufgrund mehrerer Beschäftigungsverhältnisse ein hohes Gesamteinkommen haben. Auch gutverdienende Selbstständige, die die niedrigste Beitragsstufe zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung wählen, würden von der Beitragsreduktion profitieren. Um mehr Gerechtigkeit zu schaffen, plädiert Loacker in beiden Fällen für eine nachträgliche Gesamteinkommensermittlung inklusive Beitragsnachverrechnung.

Ungerecht sei die Situation etwa gegenüber Vollzeitarbeitenden, wenn die Beitragsgrundlagen aus zwei Teilzeitjobs vergleichsweise nicht zusammengezählt würden. Außerdem äußerte Loacker die Befürchtung, dass eine solche „Teilzeitförderung“ auch in Krankenversicherungsbeiträge „hineingepresst“ werden könnte. Während Markus Vogl (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) dem Ansinnen der NEOS für ein gerechteres System zustimmten, kann Andrea Schartel (FPÖ) dem nichts abgewinnen. Es könne nicht sein, dass von Menschen, die eventuell wenig verdienen und daher zwei Jobs machen müssen, im Nachhinein höhere Arbeitslosenversicherungsbeiträge verlangt werden sollen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt.

NEOS fordern mehr Anreize zur Weiterbildung durch Weiterbildungskonto

Als Prävention gegen Arbeitslosigkeit fordern die NEOS mehr Anreize zur Weiterbildung bereits im aktiven Erwerbsleben. Konkret schlägt Abgeordneter Loacker vor, für jede/n unselbstständig Beschäftigte/n ein Weiterbildungskonto einzurichten, das über die Beitragsleistungen zur Arbeitslosenversicherung und durch staatliche Prämien finanziert wird ( 358/A(E) ). Die jeweilige Kontogutschrift wäre eigenverantwortlich für Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung zu nutzen, skizziert Loacker sein Fördermodell, das auf lebenslanges Lernen ausgerichtet ist. Ökonomisch schlechter gestellte ArbeitnehmerInnen würden darin überproportional prämiengefördert.

Sowohl Ricarda Berger (FPÖ) als auch Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sprachen sich grundsätzlich für Weiterbildung und lebenslanges Lernen aus. Heinisch-Hosek ortet im NEOS-Vorschlag jedoch die Problematik, dass das angesparte Weiterbildungsgeld im Verhältnis zum Alter nicht den Bedarf decken würde, zumal es in jungen Jahren mehr an Weiterbildung bräuchte, das Konto aber noch wenig befüllt wäre. Dem könne sie daher nicht zustimmen. Auch für Berger ist das NEOS-Ansinnen unausgegoren, etwa hinsichtlich der Finanzierung. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt.

NEOS wollen Notstandshilfe zeitlich limitieren

In einem weiteren Entschließungsantrag sprechen sich die NEOS dafür aus, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und darauffolgender Notstandshilfe zeitlich zu limitieren und NotstandshilfebezieherInnen danach in die Mindestsicherung überzuführen ( 480/A(E) ). Abgeordneter Gerald Loacker erwartet sich davon einen zusätzlichen Anreiz für beschäftigungslose Personen, eine Beschäftigung aufzunehmen – damit könnte man die Dauer der Arbeitslosigkeit verringern und langfristige Folgen vermeiden. Loacker plädiert auch dafür, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und Notstandhilfe an die entrichteten Beiträge zu koppeln. Stoßrichtung sei, die zwei Systeme zusammenzuführen, wie es der Rechnungshof schon lange vorschlage, argumentierte er im Ausschuss.

Birgit Sandler (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) erklärten, sie würden dem NEOS-Antrag nicht zustimmen. Peter Wurm erkennt seitens der FPÖ zwar Veränderungsbedarf, etwa weil die Notstandshilfe eine deutliche Zunahme verzeichnet. Er verwies aber auf Pläne der Regierung, die Bereiche Mindestsicherung, Notstandshilfe und AMS professionell zusammenzuziehen. Das sei abzuwarten. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt.

SPÖ und JETZT für Förderung langlebiger und reparierbarer Produkte

Schließlich vertagte der Sozialausschuss eine gemeinsam von der SPÖ und dem Parlamentsklub JETZT eingebrachte Initiative ( 555/A(E) ), die darauf abzielt, die Herstellung, den Kauf und die Reparatur langlebiger, hochqualitativer Produkte zu fördern und damit auch das österreichische Reparaturgewerbe zu unterstützen. Damit würde man nicht nur zur Ressourcenschonung beitragen, sondern auch zusätzliche Arbeitsplätze in kleinen und mittleren Reparaturbetrieben schaffen, heben Petra Bayr (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) hervor. Zuletzt sei die Zahl hochqualifizierter Arbeitsplätze in diesem Bereich sukzessive zurückgegangen. Darauf machte auch Klaudia Friedl (SPÖ) im Ausschuss aufmerksam.

Konkret kann sich Vogtenhuber-Holzinger etwa vorstellen, auf Bundesebene einen Reparaturbonus nach oberösterreichischem Vorbild einzuführen oder die Mehrwertsteuer für Reparaturen zu senken. Auf EU-Ebene will sie darüber diskutieren, nur noch Produkte auf den Markt zu lassen, die reparierbar sind, und vor diesem Hintergrund etwa Handys ohne Akku-Austauschmöglichkeit zu verbieten.

Bevor man neue Maßnahmen ergreife, solle man die bestehenden evaluieren, begründete Andrea Schartel (FPÖ) die Vertagung der Initiative. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein wies darauf hin, dass ihr Ressort stark auf bewusstseinsbildende Maßnahmen setze. (Schluss Sozialausschuss) gs/mbu

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