Verfassungsausschuss gibt grünes Licht für neue Ressortverteilung in der Regierung

Opposition kritisiert späte Vorlage von Informationen

Wien (PK) Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute Abend grünes Licht für die neue Ressortverteilung in der Regierung gegeben. Die Abgeordneten stimmten mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit einer entsprechenden Novelle zum Bundesministeriengesetz zu. Damit ist sichergestellt, dass die neuen Regierungsmitglieder ihre vorgesehenen Aufgabengebiete rasch in vollem Umfang übernehmen können. In Kraft treten soll die Gesetzesnovelle am 8. Jänner 2018, die Abstimmung im Nationalrat ist für morgen Abend, jene im Bundesrat für den 22. Dezember vorgesehen. Formal wird die Zahl der Ministerien von 13 auf 12 sinken, dafür wird es im Bundeskanzleramt künftig zwei MinisterInnen – auf der einen Seite für EU, Kultur und Medien, auf der anderen Seite für Frauen, Familien und Jugend – geben.

Kritik an den Regierungsparteien kam von der Opposition. Es sei viel zu wenig Zeit gewesen, die vorgesehenen Änderungen zu prüfen und zu beurteilen, waren sich SPÖ, NEOS und Liste Pilz einig. Zudem stießen die neuen Bestimmungen zur Bestellung eines Generalsekretärs für ein Ressort auf Unverständnis. Vertreten wurde die Regierung im Ausschuss durch Kanzleramtsminister Gernot Blümel: Er verteidigte die neue Ressortverteilung und stellte, was die zeitgerechte Information der Opposition betrifft, Besserung in Aussicht.

Neues Ministerium für öffentlichen Dienst und Sport

Basis für den Beschluss im Verfassungsausschuss bildete ein vorsorglich bereits im November gemeinsam von ÖVP und FPÖ eingebrachter Antrag (14/A), der heute um umfangreiche Abänderungen ergänzt wurde. Mit diesen wird etwa die Verschiebung zentraler EU-Agenden vom Außenministerium in das Bundeskanzleramt, die Zusammenlegung des Sozial- und des Gesundheitsministeriums sowie die Bündelung der Kompetenzen für Schulen, Universitäten und Kindergärten in einem Ministerium besiegelt. Zusätzliche Aufgaben werden auch das Justizministerium und das neue Nachhaltigkeitsministerium (bisher Landwirtschaft und Umwelt) erhalten. Für das neue Ressort öffentlicher Dienst und Sport wird Vizekanzler Heinz-Christian Strache zuständig sein.

Abgeben wird das Bundeskanzleramt neben den Beamten u.a. auch die Bereiche Digitalisierung (an das Wirtschaftsministerium) und Verfassungsangelegenheiten (an das Justizministerium). Damit wird Justizminister Josef Moser auch für den Verfassungsdienst, die Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, die rechtliche Vertretung Österreichs vor dem EuGH, den Datenschutz und viele weitere Untertatbestände zuständig sein. Die neue Bezeichnung des Ressorts lautet Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz. Das Außenministerium übernimmt vom Bundeskanzleramt die Zuständigkeit für OECD-Angelegenheiten.

Weitere Kompetenzverschiebungen betreffen den Tourismus und den Energiebereich, die beide von Landwirtschafts- und Umweltministerin Elisabeth Köstinger übernommen werden, sowie die Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes an der Bundesimmobiliengesellschaft, die vom Wirtschaftsministerium ins Finanzministerium wandern. Der Finanzminister darf künftig außerdem auch bei der Erstellung des Rahmenplans der Österreichischen Bundesbahnen mitwirken. Dem Infrastrukturministerium werden die Angelegenheiten des Rates für Forschung und Technologieentwicklung übertragen. Keine Änderungen sind bei den Zuständigkeiten des Innenressorts vorgesehen.

Die genaue Bezeichnung der neuen Ministerien neben dem Bundeskanzleramt lautet: Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Bundesministerium für Finanzen, Bundesministerium für Inneres, Bundesministerium für Landesverteidigung, Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz sowie Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.

Neue Machtbefugnisse für den Generalsekretär eines Ministeriums

Ein zentraler Diskussionspunkt im Ausschuss waren die neuen Bestimmungen im Bundesministeriengesetz zur Bestellung eines Generalsekretärs. Die Opposition stößt sich daran, dass der jeweilige Minister bzw. die jeweilige Ministerin die Position ohne Ausschreibung besetzen kann und der Generalsekretär künftig nicht nur gegenüber den Sektionschefs und den nachgeordneten Dienststellen weisungsbefugt ist, sondern auch Anspruch auf die Aufnahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis hat. Dadurch drohe schlecht qualifiziertes Personal an zentrale Schaltstellen zu kommen, gaben der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder und seine Fraktionskollegen Johannes Jarolim und Thomas Drozda zu bedenken. Zudem untergrabe man damit die neutrale Position des öffentlichen Dienstes.

ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl hielt dem entgegen, dass die Einsetzung von Generalsekretären kein Novum sei und es diese Funktion in vielen Ressorts bereits gebe, im Außenministerium sogar schon seit 1999. Es handle sich um eine Vertrauensfunktion gegenüber dem Minister. Strittig war Gerstl zufolge, ob der Generalsekretär weisungsbefugt ist, das sei von Ressort zu Ressort unterschiedlich gehandhabt worden. Nunmehr werde hier Klarheit geschaffen. Der Bestellmodus ist ihm zufolge nicht festgelegt, Kanzleramtsminister Gernot Blümel sagte aber zu, diese Frage nochmals zu prüfen. Ein Generalsekretär werde aber ohnehin meist befristet bestellt, gab der Minister zu bedenken.

Opposition sieht etliche offene Fragen

Dass die Opposition mit der späten Vorlage des Abänderungsantrags -laut Schieder fünf Stunden vor Ausschussbeginn – keine Freude hat, dafür zeigten sowohl Gerstl als auch FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan Verständnis. Sie hoben aber die Notwendigkeit hervor, die neue Ressortverteilung so schnell wie möglich zu beschließen. Es sei wichtig, dass die Regierung rasch handlungsfähig ist, betonte Gerstl. Ähnlich argumentierte auch Kanzleramtsminister Blümel, der die Ressortverteilung grundsätzlich als politische Entscheidung wertet. Man werde aber darauf achten, Dinge künftig rechtzeitig ins Parlament zu bringen, versicherte er.

Zuvor hatte SPÖ-Abgeordneter Schieder gemeint, dass er sich außer Stande sehe, den Gesetzestext in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit zu beurteilen. Neben den neuen Bestimmungen zur Bestellung des Generalsekretärs hinterfragte er unter anderem auch das vorgesehene Auskunftsrecht des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gegenüber den Geheimdiensten. Dass der Regierungsspitze ein direkter Zugriff auf Geheimdienstakten eingeräumt werde, stehe möglicher Weise im Widerspruch zu verfassungsrechtlichen Bestimmungen, monierte er. Überdies kann er wenig mit der neuen Zuständigkeit des Bundeskanzleramts für den nicht existierenden „Bundessicherheitsrat“ anfangen. Was die neue Ressortverteilung betrifft, wertete es Schieder unter anderem als falsch, die Frauenagenden zu einem „Anhängsel“ des Familienministeriums zu machen und die Energieagenden beim Landwirtschaftsressort anzusiedeln.

An der späten Vorlage des Abänderungsantrags stieß sich auch NEOS-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak. Es sei klar, dass die Ressortaufteilung Angelegenheit der Bundesregierung sei, meinte er, die Gesetzesnovelle derart kurzfristig „durch das Parlament durchzuboxen“ sei aber nicht sinnvoll. Neben den Bestimmungen zum Generalsekretär und zum Auskunftsrecht des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gegenüber den Geheimdiensten sieht er auch noch etliche andere offene Fragen, etwa was die künftige Kompetenzaufteilung der EU-Agenden betrifft.

Von einem „schlechten Stil“ sprach Alfred Noll (PILZ). Wer behaupte, die vorgelegten Abänderungen in der zur Verfügung stehenden Zeit lesen und beurteilen zu können, sei entweder ein Schelm oder ein Scharlatan, sagte er. Mit ihrer Vorgangsweise treibe die Koalition die Abgeordneten in die Situation, über etwas abstimmen zu müssen, das sie nicht kennen. Unabhängig vom Inhalt bleibe ihm daher auch gar nichts anderes übrig, als gegen die Gesetzesnovelle zu stimmen.

Die in Diskussion stehende Vorlagepflicht von Geheimdienstakten gegenüber der Regierungsspitze wertet Noll nicht als Aspekt der Kontrolle. Er sieht vielmehr die Gefahr, dass Geheimdienstinformationen missbräuchlich im Sinne der Nutzung von Macht verwendet werden können.

Nikolaus Berlakovich (ÖVP) begrüßte die Zusammenführung der Umwelt-und Energieagenden. Gerade im Lichte des Pariser Klimavertrags sei dies ein sinnvoller Schritt, betonte er.

Beim Bundessicherheitsrat handelt es sich laut FPÖ-Abgeordnetem Stefan um einen Wunsch des Bundespräsidenten. Details würden noch nicht vorliegen, die Opposition werde aber in dessen Einrichtung eingebunden. Die Ressortaufteilung folgt seiner Einschätzung nach einer gewissen Logik.

Blümel: Erweitertes Justizministerium ist auf Moser zugeschnitten

Auf einzelne Kompetenzverschiebungen ging Kanzleramtsminister Gernot Blümel ein. So machte er geltend, dass die Koordinierung der EU-Agenden auch in anderen EU-Staaten beim Regierungschef angesiedelt sei. Für bilaterale europäische Angelegenheiten sei weiterhin das Außenministerium zuständig. Die Übertragung der Agenden für Frauen und Familien an das Bundeskanzleramt sieht Blümel als Aufwertung dieser Bereiche. Ein beim Vizekanzler angesiedeltes Ressort für öffentlichen Dienst und Sport habe es bereits in den „Nullerjahren“ gegeben. Auch Bildung, Wissenschaft und Forschung seien bereits einmal in einem Ressort gebündelt gewesen.

Das neue Ressort für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz ist laut Blümel auf den früheren Rechnungshofpräsidenten Josef Moser zugeschnitten. Der Staatssekretär im Finanzministerium wird unter anderem für Zollagenden, die Staatssekretärin im Innenministerium für Korruptionsbekämpfung, Zivildienst und Gedenkstätten zuständig sein.

Gerhard Hesse, Leiter des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts, machte geltend, dass mit dem Bundesministeriengesetz nur Zuständigkeiten festgelegt, nicht aber inhaltliche Regelungen getroffen werden. Das betreffe sowohl den Bundessicherheitsrat als auch das Auskunftsrecht des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gegenüber den Geheimdiensten. Wie letzteres genau ausgestaltet sein wird, müsse noch festgelegt werden. Rein rechtlich sei ein Auskunftsrecht jedenfalls nicht mit einer Aktenvorlage gleichzusetzen.

Ausschussobmann Peter Wittmann (SPÖ) bedauerte, dass vergangene Woche kein Verfassungsausschuss zustande gekommen ist. Er habe sich bemüht, die vom Nationalrat gesetzte zweitägige Frist zur Vorberatung des Bundesministeriengesetzes einzuhalten, unterstrich er. (Schluss) gs

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