Untersuchungsausschuss zu Causa BVT kommt

Kurzdebatte über Einsetzung eines U-Ausschusses auf Verlangen von SPÖ, NEOS und Liste Pilz im Nationalrat

Wien (PK) Neben dem Eurofighter-Untersuchungsausschuss wird es nun auch einen BVT-Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Vorfälle rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung geben. Der Geschäftsordnungsausschuss gab noch heute dafür nach Ende er Plenarsitzung einhellig grünes Licht, im Nationalrat fand im Vorfeld darüber eine Kurzdebatte statt.

Nach den Turbulenzen rund um das erste Verlangen der SPÖ haben die SozialdemokratInnen nun gemeinsam mit den NEOS und der Liste Pilz einen zweiten Anlauf zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unternommen. Die ursprüngliche Initiative der SPÖ wurde im März 2018 vom Geschäftsordnungsausschuss als „gänzlich unzulässig“ zurückgewiesen, die SPÖ hat ihr Verlangen schließlich zurückgezogen.

Begründet wird das nunmehr vorliegende Verlangen der drei Oppositionsparteien auf Einsetzung eines U-Ausschusses damit, dass es augenscheinlich grobe Missstände im Umfeld des BVT gebe. Angeführt werden in diesem Zusammenhang auch bekannt gewordene Fälle offenbar pflichtwidrigen Umgangs mit Daten und anhängige Ermittlungsverfahren gegen leitende BVT-Beamte. Außerdem wird auf die ungeklärten Umstände rund um die Hausdurchsuchungen im BVT, eine daraus resultierende mögliche Gefährdung aktueller BVT-Ermittlungen im Bereich des Rechtsextremismus sowie die Heranziehung des BVT außerhalb des gesetzlichen Aufgabenbereichs verwiesen. Die Ereignisse hätten nicht nur zu einer Verunsicherung der Bediensteten des BVT geführt, sondern könnten sich auch negativ auf die Zusammenarbeit anderer Geheim- und Nachrichtendienste mit dem BVT auswirken, fürchten die drei Oppositionsparteien.

Konkret durchleuchten wollen SPÖ, NEOS und Liste Pilz etwa, ob es politisch motivierte Anweisungen an das BVT gab, bestimmte Ermittlungsdaten – insbesondere hinsichtlich der Rechtsanwaltskanzlei Lansky, in Bezug auf Grün-Abgeordnete Sigrid Maurer und in Bezug auf Tierschützer – länger als zulässig zu speichern. Außerdem soll geprüft werden, inwieweit auf Ermittlungen des Extremismusreferats des BVT Einfluss genommen wurde und welche Vorwürfe von welcher Seite zu den Hausdurchsuchungen geführt haben. Weiters geht es u.a. um mögliche parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen und Suspendierungen, die etwaige Behinderung von Ermittlungen anderer Behörden, etwa der Landesämter für Verfassungsschutz, und die Auswirkungen der BVT-Affäre auf die öffentliche Sicherheit und die Zusammenarbeit mit Nachrichtendiensten anderer Staaten. Schließlich ist auch die im Büro von Vizekanzler Heinz-Christian Strache gefundene angebliche Abhöranlage Teil des Untersuchungsgegenstands. Ausdrücklich hervorgehoben wird in der Begründung des Verlangens die notwendige Beachtung des Quellenschutzes.

Gemeinsames Verlangen von SPÖ, NEOS und Liste Pilz zur Untersuchung der Vorgänge um das BVT

Kai Jan Krainer (SPÖ) ließ die bisherigen Bemühungen, einen BVT-Untersuchungsausschuss einzusetzen, noch einmal Revue passieren und verteidigte den ersten Anlauf seiner Fraktion. Das ursprüngliche Verlangen sei mindestens so konkret gewesen wie andere solche Anträge, sagte er. Ein Rechtsgutachten, das Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka entgegen den sonst üblichen Gepflogenheiten eingeholt habe, habe nur festgestellt, dass rechtlich unklar sei, ob die Formulierung des Untersuchungsgegenstands zulässig ist. Dahinter stehe jedoch nur, dass es dazu bisher schlicht keine Judikatur gibt, stellte Krainer fest. Diese Aussage zum Anlass für eine Ablehnung zu nehmen, stellt aus Krainers Sicht ein klares politisches Foul dar, ebenso die Ablehnung des Vertagungsantrags der SPÖ im Untersuchungsausschuss, um das Verlangen nochmals abändern zu können. Jetzt gebe es ein neues Verlangen, das intern und extern genauestens geprüft worden sei. Krainer zitierte die Stellungnahme eines Verfassungsjuristen, wonach der Antrag eine tragfähige Grundlage für die Arbeit des Ausschusses bilden könne. Der Untersuchungszeitraum reiche nun von 1. März 2008 bis 13. März 2018 und sei so gewählt, dass er die beiden Funktionsperioden des derzeit suspendierten BVT-Direktors Peter Gridling umfasse. Wenn der Geschäftsordnungsausschuss wie vereinbart tagt, könne der Ausschuss bereits morgen eingesetzt werden und unverzüglich die Arbeit aufnehmen.

Den Vorwurf von politischen Fouls wies Werner Amon (ÖVP) zurück. Es komme der Mehrheit im Ausschuss zu, die Verfassungskonformität eines Verlangens auf einen Untersuchungsausschuss zu beurteilen, nachdem bisher keine Judikatur des Verfassungsgerichtshofs dazu vorliegt. Untersucht werden könne jedenfalls nur ein abgeschlossener Akt der Vollziehung, das sei in der ursprünglichen Formulierung nicht gegeben gewesen. Die Tatsache, dass die SPÖ kein Rechtsmittel gegen die Ablehnung ihres Verlangens ergriffen hat, wertete Amon als die Einsicht, dass auch der VfGH das so gewertet hätte. Die ÖVP werde sich im Ausschuss konstruktiv einbringen, kündigte Amon an, denn es gebe einiges zu untersuchen. Er erwarte einen interessanten Untersuchungsausschuss.

Die kleineren Oppositionsparteien mussten der SPÖ offenbar zur Seite stehen, damit sie Erfolg hat, konstatierte Walter Rosenkranz (FPÖ). Der Ausschuss werde spannend werden. Die FPÖ zeige guten Willen, indem sie zustimme, im Anschluss an die Sitzung noch einen Geschäftsordnungsausschuss einzuberufen. Da die Aufklärung laut dem neuen Verlangen das gesamte BVT und alle mit ihm in Zusammenhang stehenden Institutionen betreffen soll, werde es wohl sehr vieles zu untersuchen geben. Rosenkranz vermutete, dass der Großteil davon der Vertraulichkeit unterliege und der Ausschuss daher weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden werde müssen. Jedenfalls müsse man sehr verantwortungsvoll mit der Angelegenheit umgehen, betonte Rosenkranz.

Aus Sicht der NEOS stellte Stephanie Krisper (NEOS) die Gründe für die Unterstützung des Verlangens dar. Die Vorgänge um das BVT legten den Verdacht nahe, dass hier eine „Machtübernahme mit der Brechstange“ versucht wurde. Das BVT sei dabei nur die Spitze des Eisbergs, im Grunde handle es sich um eine Causa BMI und die Frage, wie weit politisch motivierte Besetzungen und Einflussnahme dort in den letzten Jahren gegangen seien. Das politischen Umfärben eines Ministeriums könne man bei einem so heiklen Ressort wie dem Innenministerium nicht auf die leichte Schulter nehmen, da es hier um die Frage des Umgangs mit sensiblen Daten der StaatsbürgerInnen gehe.

Das neue Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses zum BVT könne sich sehen lassen, sagte Alma Zadic (PILZ). Gegenüber dem ersten Verlangen sei es wesentlich geschärft und weiterentwickelt worden und werde nun die Frage möglicher Missstände im Verfassungsschutz während des vergangenen Jahrzehnts untersuchen. Dabei sei auch zu fragen, ob ein ÖVP-Netzwerk in unzulässiger Weise politischen Einfluss auf den Verfassungsschutz genommen hat. Eine Behinderung der Aufklärung durch FPÖ und ÖVP sei nun jedenfalls nicht mehr möglich. Die Abgeordneten der Koalitionsparteien forderte Zadic auf, sich ihrer Rolle bei der Kontrolle der Regierung bewusst zu sein und sich nicht zu ihren Handlangern zu machen. Österreich brauche einen funktionierenden Verfassungsschutz, dieser dürfe nicht der Politik irgendeiner Partei dienen, sondern ausschließlich der Sicherheit aller ÖsterreicherInnen.

Verlangen an Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen

Am Ende der Sitzung wies die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures das Verlangen von SPÖ, NEOS und Liste Pilz zur Behandlung dem Geschäftsordnungsausschuss zu, der nach Beendigung der Sitzung noch zusammentrat. Machen die Ausschussmitglieder keine Einwände geltend, haben sie die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses zu bestimmen, den grundsätzlichen Beweisbeschluss zu fassen sowie – auf Vorschlag des Nationalratspräsidenten – den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt zu wählen. Gemäß den geltenden Bestimmungen hat der Geschäftsordnungsausschuss für seinen Bericht an den Nationalrat bis zu acht Wochen Zeit.

Blockieren kann der Geschäftsordnungsausschuss einen BVT-U-Ausschuss grundsätzlich nicht, da die Oppositionsparteien zusammen über 70 Abgeordnete verfügen und damit auch das notwendige Einsetzungsquorum von einem Viertel der Abgeordneten locker erreichen. Sollte es erneut zu Differenzen über die korrekte Formulierung des Untersuchungsgegenstandes kommen, haben SPÖ, NEOS und Liste Pilz die Möglichkeit, den Verfassungsgerichtshof anzurufen. (Schluss Nationalrat) sox/gs

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