TIROLER TAGESZEITUNG „leitartikel“ vom Freitag, den 16. Juni 2017 von Reinhard Fellner „Gaffer gefährden sich und andere“

Innsbruck (OTS) Kaum ein Unglück vergeht, bei dem sich nicht Gaffer als ungebetene Zaungäste hervortun. So herrscht bei Einsatzkräften Ärger und Frust über die teils gefährliche Schaulust. Dabei gibt es klare gesetzliche Vorgaben.

Man kennt das Phänomen seit Jahren. Gerade mit der Verbreitung von Smartphones und sozialer Medien scheint die Schaulust Unbeteiligter bei Unglücksfällen immer mehr zuzunehmen. Die Leute scheinen das Leid anderer ungerührt als frei konsumierbare Reality-Show anzusehen. Dazu stellen manche solcher Gaffer ihre Filmchen auch noch ohne Erlaubnis der Gezeigten ins Internet. Dabei überschreiten diese Zaungäste des Unglücks bewusst oder unbewusst viele Grenzen. Samstagabend in Pfaffenhofen musste die Feuerwehr sogar die Bundesstraße sperren lassen, um beim PVC-Recycling-Großbrand Gefahr von Einsatzkräften und Schaulustigen abzuwenden. Bei Letzteren dachte wohl keiner daran, dass brennendes PVC gefährlichste Dämpfe erzeugt und schnell zu Vergiftungen führen kann. Kaum einer bedenkt auch, dass ein heranrasender Einsatzwagen auf einer dunklen Straße einmal einen dort stehenden Filmer schlicht übersehen könnte. Dabei hat sich der Voyeur schon längst strafbar gemacht. Denn wer sein Auto ohne Grund auf einer Straße einfach anhält oder dort gar abstellt, ist laut Straßenverkehrsordnung zu bestrafen. Amtsbekannt kann auch werden, wer gegen eine ausgesprochene Wegweisung vom Unfallort verstößt. Dies kann nicht nur zur ungehinderten Arbeit von Rettung und Feuerwehr geboten sein, sondern auch für den Fall, dass die Privatsphäre der Unfallopfer unzumutbar beeinträchtigt wäre. Bleibt man trotzdem, wird man von der Polizei verbracht. Wehrt man sich mit Gewalt dagegen, blüht eine Anklage wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt am Landesgericht. Dasselbe gilt übrigens bei Verstößen gegen erteiltes Platzverbot, Aufforderungen der Feuerwehr gemäß der Tiroler Feuerpolizeiordnung oder Missachtung des Katastrophenmanagementgesetzes. Letzteres schützt beispielsweise Unbedachte, die im Zentimeterabstand vor dem hochwasserführenden Inn stehen.
Wer hingegen vor lauter Sensationslust auf einfachste Bürgerpflicht vergisst, landet direkt am Strafgericht. Der Badeunfall von Sonntagnachmittag in Völs könnte da beispielhaft werden. Dort musste sich der Bademeister erst mühsam durch Gaffer zu einem regungslosen Kind durchkämpfen. Keiner der Anwesenden hatte zuvor Anstalten gemacht, das Kind selbst zu reanimieren: unterlassene Hilfeleistung! Deshalb: Wer nicht hilft, sollte wenigstens Helfern und Opfern durch das eigene Fernbleiben helfen. Schon aus Selbstschutz.

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