TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 8.Januar 2019 von Matthias Christler – „Greta, die Galionsfigur“

Innsbruck (OTS) Ein 16-jähriges Mädchen gibt dem Klimaschutz eine leise Stimme, doch die starken Worte finden Gehör. Jugendliche, ein paar auch in Innsbruck, folgen dem Beispiel der schulschwänzenden Schwedin. Die Protest-Bewegung ist langlebiger als viele zuvor.

Wir wollen unseren Kindern eine bessere Welt hinterlassen. Diese Floskel ist so alt wie das Klima-Problem selbst, das hat die 16 Jahre alte Greta Thunberg aus Schweden durchschaut. „Die Leute reden nur und tun nicht, was sie sagen“, richtete sie den Mächtigen bei ihrer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos aus. Wie das Mädchen mit Zöpfen schwänzen immer mehr Schüler in Europa am Freitag den Unterricht, um für den Klimaschutz zu protestieren. Gestern hat die Weltwetterorganisation bestätigt, dass 2015 bis 2018 die wärmsten vier Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen waren. Zehntausende junge Menschen, die sich unter dem Hashtag #FridaysForFuture übers Internet organisieren, lassen Fakten wie diese nicht länger kalt. Greta ist ihre Galionsfigur.
Nach jedem ihrer größeren Auftritte muss sie sich allerdings von Klimawandel-Skeptikern beschimpfen lassen. Der Hass im Netz bricht über Thunberg herein, man will sie mundtot machen. Ihr wird unterstellt, nur eine PR-Marionette zu sein, die entweder von ihren Eltern oder einer grünen Lobby instrumentalisiert wird. Sie kämpft weiter. Doch manche, die ihr auch wohlgesonnen sind, fragen sich, ob von dieser neuen Jugendbewegung im Nachhinein nicht nur von einem Sturm im Wasserglas gesprochen wird. Wie viel hat sich durch die Bewegungen der vergangenen zehn Jahre wirklich verändert? Zum Beispiel die audimax-Proteste 2009: Wie sehr haben diese die Hochschulpolitik in Österreich verbessert? Nur in Details. Wie viel hat „Occupy Wall Street“ erreicht, darunter eine Handvoll junger Menschen, die 2011 den Innsbrucker Bozner Platz besetzt hielten? Die Banken spekulieren weiter. Und wem ist der Name von Emma González geläufig, die 2018 nach einem Schulmassaker Proteste gegen die US-Waffenlobby ausrief? Nach einigen Wochen ist es medial stiller geworden.
Greta Thunberg ist anders. Das haben die Reaktionen auf ihre Rede bei der UNO-Klimakonferenz 2018 gezeigt. Sie wird gehört, vermutlich, gerade weil sie so jung ist. Die EU-Kommission unterstützt ihr Anliegen. Sie wird gehört, weil sie geschickt mit Fakten argumentiert. Wenn sie den deutschen Kohleausstiegstermin kritisiert, reagieren Politiker. Sie wird gehört, weil sie ein Thema anspricht, das die ganze Gesellschaft – Alt und Jung – bewegen sollte. Manche Optimisten hoffen, dass 2019 das Jahr wird, in dem der Klimaschutz die Oberhand gewinnt. „Ich will eure Hoffnung nicht. Ich will, dass ihr handelt, als wenn euer Haus brennt, denn das tut es.“ Greta sagt das mit leiser Stimme, aber mit starken Worten, an die man sich auch noch in zehn Jahren erinnert.

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