Innsbruck (OTS) – Man wollte der TV-Omnipräsenz der Fußball-WM entgehen, um nur ja nicht unterzugehen. Nach der wetterbedingten Absage von sieben der acht Auftaktrennen im Alpin-Weltcup muss der Weltskiverband seine Terminplanung hinterfragen.
Man könnte es heldenhaft nennen – oder naiv: Als geneigter Sport-Zuseher gewinnt man den Eindruck, dass sich der Welt-Skiverband einer Naturgewalt entgegenstellt, um nicht mit einer anderen zu kollidieren. So wie in Zermatt mussten gestern die Parallel-Rennen in Lech/Zürs wetterbedingt abgesagt werden, was angesichts der Jahreszeit durchaus im Bereich des Erwartbaren lag. Man versuchte ganz offensichtlich, der erhöhten Aufmerksamkeit für die anstehende Fußball-WM zu entkommen, indem man sich dem Termin-Aktionismus verschrieb und allerhand vorverlegte. Folge: Von acht Alpin-Rennen wurden bisher sieben abgesagt.
Es erhebt sich zu Recht die Frage: Hätten sich FIS-Präsident Johan Eliasch und sein Team nicht mehr einfallen lassen können als einen überdimensionierten November-Rennblock? Hätte man in Zeiten der Energiekrise und des Klimawandels nicht anders – mit Fingerspitzengefühl etwa – reagieren können, um der Öffentlichkeit weiße Schneebänder vor grünem Hintergrund zu ersparen und nicht Gefahr zu laufen, als ignorant abgestempelt zu werden?
Wo bleibt das Selbstbewusstsein? Das Motto müsste lauten: Sollen sie nur in der Wüste Fußball spielen – wir als naturverbundener Wintersportverband bleiben unserer Tradition treu. Seit 1955 findet jedes Jahr im Dezember in Val-d’Isère das „Critérium de la première Neige“ statt, das Rennen des ersten Schnees. Aber mittlerweile muss der Schnee ja fallen, wenn es die Fernseh-Zeiten zulassen, nicht die Temperatur. FIFA-Gremien mögen vor Vergabe der Katar-WM korrumpierbar gewesen sein, das Wetter war es nie.
FIS-Präsident Johan Eliasch vollzieht im Kleinen das, was im Großen die Protagonisten Olympia, Fußball und Formel 1 praktizieren. In seinem Innovationsstreben vergisst der Schwede offensichtlich die Wurzeln des Skisports, handelt den Weltcup wie eine Ware, taxiert die Bedeutung nach Fernseh-Zeiten und forciert die Implementierung in Wintersport-fernen Ländern im Sinne der Markterweiterung. Die Realität sieht anders aus: Der chinesische Präsident Xi Jinping wollte bis zu den Olympischen Spielen 300 Millionen Landsleute für den Skisport begeistern. Aber selbst in den Wintersportgebieten könnten sich Interessenten mit ihrem gesamten Monatsverdienst gerade zwei Ski-Wochenenden leisten.
Der Welt-Skiverband strebt unter seinem neuen Präsidenten nach Größerem und scheitert doch im Kleinen. Heldenhaft oder naiv? Der verzweifelte Schrei nach Aufmerksamkeit lässt eher Letzteres vermuten.
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