TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 6.Januar 2019 von Karin Leitner – „Die Eigentore der Roten“

Innsbruck (OTS) Nicht nur mit schlechtem strategischen Handwerk macht es die SPÖ den Regierenden leicht.
Die ehemalige Kanzlerpartei kann Opposition noch immer nicht.

Noch nie war eine Kanzlerpartei handwerklich so professionell wie die jetzige. Sie hat das Eigen­marketing perfektioniert. Das Treiben beim Koalitionspartner schadet der ÖVP nicht. In allen Umfragen hat sie seit der Nationalratswahl 2017 gar an Zuspruch zugelegt. Die einstige Kanzler- und nunmehrige größte Oppositionspartei SPÖ steht der PR-Maschinerie von Sebastian Kurz’ Truppe hilflos gegenüber.
Mit dem Begehren nach einem „Fairnessabkommen“ im Vorfeld der EU-Wahl sind die Sozialdemokraten jüngst an die Öffentlichkeit gegangen – in dem Glauben, damit zu punkten.
Es war ein Eigentor. Das Vorhersehbare passierte: ÖVP und FPÖ thematisierten genüsslich die Affäre Silberstein aus dem vergangenen Bundeswahlkampf. Ob der damaligen „Schmutzkübelkampagne“ von Christian Kern & Co. sei scheinheilig, sich als Saubermann zu gerieren, tönte es aus den Regierungsparteien. Damit war eine für die Roten höchst unangenehme Angelegenheit wieder präsent.
Bald darauf ein weiterer strategischer Schnitzer. Den Ärztemangel im Lande setzte die SPÖ im Nationalrat auf die Agenda. In einer Sondersitzung kritisierte Partei- und Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein – in dem Glauben, damit zu punkten.
Es war ein Eigentor. Das Vorhersehbare passierte: Dass jene Partei, die jahrelang den Gesundheitsminister gestellt habe, von Versäumnissen spreche, sei ein Aberwitz, tönte es aus den Regierungsparteien. Damit war nicht nur Ex-Ressortchefin Rendi-Wagner in Erklärungsnot.
Eine Weile ist die SPÖ mit dem Verweis auf die vormalige Regierungskonstellation gut gefahren – sie hätte ja dort und da dieses und jenes gemacht, sei aber am Widerstand der ÖVP gescheitert. Dieses Lamento zieht nicht mehr.
Zu lange widmete sich die SPÖ der koalitionären Vergangenheitsbewältigung. Statt mit Inhalten und Kampagnen beschäftigte sie sich mit sich selbst.
Kurz wusste das zu nutzen. Das Thema Pflege, bei dem die SPÖ sich kernkompetent wähnt und das wegen der Betroffenheit vieler ein breites ist, hat er für sich vereinnahmt. Die Digitalsteuer, ein klassisches Anliegen der Sozialdemokratie, steht mittlerweile auch auf dem Programmplan des Regierungschefs.
Dessen Stärke ist nicht nur Eigenbau, sie resultiert auch aus der Schwäche der Konkurrenz. Die SPÖ hat Anteil am Erfol­g der rechtskonservativen Koalitionäre.

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