TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 6. Jänner 2018 von Mario Zenhäusern – Gefährliche Reformwut

Innsbruck (OTS) Kurz und Strache wollen das Land rasch verändern. Das erinnert an die Ära Schüssel und die Fehler, die damals gemacht wurden.
Die neue Bundesregierung hat sich viel vorgenommen. Sie sollte sich jetzt die Zeit nehmen, Reformen ordentlich vorzubereiten.
Die neue österreichische Bundesregierung legt ein gewaltiges Tempo vor. Obwohl erst wenige Tage im Amt, haben Sebastian Kurz und Co. bereits zahlreiche Reformen angekündigt beziehungsweise sogar auf den Weg gebracht. Die Blockadepolitik der vergangenen Jahre scheint tatsächlich ausgedient zu haben.
Allerdings erinnert dieser unbändige Wille zur Veränderung fatal an die erste schwarz-blaue Regierung unter Wolfgang Schüssel. Auch damals legten die Minister eine bis dahin nicht gekannte Reformwut an den Tag. Bereits in den ersten Wochen nach der Angelobung schickten sie eine Reihe von Gesetzen auf die Reise, darunter zum Beispiel das Privatisierungsgesetz, die Basis für den späteren Verkauf von Staatseigentum.
Der damalige ÖVP-Clubchef Andreas Khol prägte in dieser Phase den Begriff „speed kills“. Er sollte in zweifacher Hinsicht Recht behalten. Tatsächlich machte das von Schwarz-Blau vorgelegte Tempo die Opposition ziemlich schmähstad. Allerdings, und das ist die Kehrseite der Medaille, ging die Geschwindigkeit oft auch auf Kosten der Sorgfalt. Die Folge waren von Höchstgerichten gekippte Gesetze (Ambulanzgebühr), Korruptionsvorwürfe (Telekom) sowie etliche Gerichtsverfahren, die zum Teil heute noch andauern (Buwog-Affäre). Auf diese Weise erhielt die Bilanz einer an und für sich produktiven Ära, in der noch heute nachwirkende Maßnahmen wie das Kinderbetreuungsgeld oder eine Pensionsreform beschlossen wurden, einen mehr als schalen Beigeschmack.
Die neue Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache ist also gut beraten, sich für die geplanten und auch dringend notwendigen Veränderungsprozesse ausreichend Zeit zu nehmen. Schnellschüsse haben nämlich den Makel mangelnder Treffgenauigkeit.

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