TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 5. Juni 2023 von Peter Nindler „Alleine nützt der Fernpasstunnel nichts“

Innsbruck (OTS) Ein Tunnel würde zwar die Straße auf den Fernpass entschärfen, aber die Verkehrsprobleme im Außerfern nicht lösen. Hier benötigt es mutige Schritte wie eine generelle Dosierung oder sogar ein limitierendes Buchungssystem für den Reiseverkehr.

Die Bewältigung eines Problems hinauszuzögern, löst dieses nicht. Die in den vergangenen Jahren forcierte Fernpassstrategie mit straßenbaulichen und verkehrslenkenden Maßnahmen, einem attraktiveren öffentlichen Verkehr, Lärmschutz oder mit einem Dosiersystem in Reutte-Süd hat zweifellos zu einer Verbesserung geführt. Aber nicht zu einer Entlastung. Dafür hätten nämlich grundlegende Entscheidungen getroffen werden müssen, zu denen die Grünen als Regierungspartner der Tiroler ÖVP von 2013 bis 2022 nicht bereit waren. Dazu zählt nun einmal der umstrittene 1,4 Kilometer lange Fernpasstunnel.
Der Fernpass ist ein Nadelöhr, die Außerferner Bevölkerung hauptbetroffen von der beliebten Reiseroute von Süddeutschland in die Tiroler Ferienregionen bzw. in den Süden. Schließlich bedeuten täglich 27.000 Fahrzeuge an den Reisewochenenden einfach nur Stau. Der Fernpasstunnel würde zumindest die Situation auf dem 9,5 Kilometer langen und kurvenreichen Abschnitt hinauf auf die Fernpasshöhe entschärfen, doch passt er in ein Gesamtkonzept? Darum geht es mittelfristig, nicht darum, ob die 52 Kilometer bis an die deutsche Grenze bemautet werden sollen oder nicht.
Im Prinzip würde eine Maut Sinn machen, die Ausnahme davon für die Bewohner im Bezirk Reutte analog zum Felbertauern in Osttirol müsste jedoch gewährleistet sein. Das dürfte EU-rechtlich allerdings nicht funktionieren und die Maut damit wohl Geschichte sein. Der Tunnel alleine nützt sicher nichts. Ein Bahntunnel zwischen Ehrwald und Silz (17,5 Kilometer) mit geschätzten Kosten von 1,5 Milliarden Euro bleibt nach wie vor eine Vision, obwohl die ÖBB eine Potenzialanalyse angekündigt haben. Und die Abfahrverbote sind eine Notwehrmaßnahme, damit zumindest die Ortsdurchfahrten passierbar bleiben.
Deshalb kann eine Frage salopp gesagt nicht umfahren werden: Wie viel verträgt die Fernpassroute überhaupt? Benötigt es nicht generell ein Dosiersystem, damit der Verkehr möglichst staufrei und flüssig durch das Außerfern rollen kann? Eigentlich steht der Fernpass dem Brenner um nichts nach, gesamt gesehen bilden beide im Urlauberreiseverkehr nach Italien eine Schicksalsgemeinschaft. Und nur mutige Schritte können letztlich zu einem Umdenken führen.
Wenn schon ein Buchungssystem für den Transit- oder Schwerverkehr auf der Brennerachse diskutiert wird, so würde dieses auf Kapazitätsgrenzen ausgerichtete Modell im Individualverkehr ebenfalls Sinn machen: sowohl am Brenner als auch am Fernpass. Gemeinsam mit einem Tunnel.

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