Tiroler Tageszeitung, Leitartikel vom 28. Oktober 2022. Von Peter Nindler: „Ausgegliedert und gescheitert“.

Innsbruck (OTS) Um in der Flüchtlingshilfe und -unterbringung flexibler zu sein, hat die ehemalige schwarz-grüne Regierung die TSD gegründet. Die aktuelle Misere ist ein Beweis dafür, dass sie diesem Anspruch bis heute nicht gerecht werden.

Das Mitte 2014 aus der Landesverwaltung ausgelagerte Flüchtlingswesen ist an den politischen Ansprüchen krachend gescheitert. Mit der Gründung der Tiroler Sozialen Dienste (TSD) sollte flexibel auf die jeweilige Flüchtlingssituation reagiert werden. Damit hat die ehemalige schwarz-grüne Landesregierung über Jahre die Ausgliederung verteidigt. Doch zuerst mussten einmal Strukturen aufgebaut und parallel dazu innerhalb weniger Monate die Flüchtlingsströme 2015 bewältigt werden.
Anfangs strauchelten die TSD wegen des Widerstands in den Gemeinden, nur mit Hilfe der Politik konnten sie schließlich ausreichend Unterkünfte für Asylwerber anmieten. So standen danach bis Anfang 2017 rund 6200 Plätze bereit, doch bereits vor fünf Jahren ging die Zahl der Asylwerber stetig zurück. Von beweglich allerdings keine Spur: Die TSD blieben auf ihren Unterkünften sitzen, die Traglufthallen entpuppten sich als Flop, der das Land 9,4 Millionen Euro gekostet hat, und die Flüchtlingsgesellschaft hing finanziell am seidenen Faden. Ohne die über die Jahre erfolgten Gesellschafterzuschüsse von 8,5 Mio. Euro wäre der wirtschaftliche Fortbestand nicht gewährleistet gewesen, wie der Landesrechnungshof in einem aktuellen Bericht vermerkt.
Bis 2021 haben die TSD allerdings die Zahl der Unterkünfte um 168 und damit die Asylplätze um 3447 reduziert. Auch wieder mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand. 500 Plätze wurden jedoch für Krisensituationen vorgehalten und vom Land Tirol mit rund zwei Millionen Euro abgegolten. Und jetzt? Erneut gibt es zu wenige Quartiere, um neben den Geflüchteten aus der Ukraine auch Asylwerber aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten unterzubringen. Flexibilität? Fehlanzeige! Obwohl bereits im Juni und Juli eindringlich vor einer neuen Flüchtlingskrise gewarnt wurde. Doch da herrschte in Tirol bekanntlich Landtagswahlkampf, ÖVP und die für das Flüchtlingswesen zuständigen Grünen haben das heraufdräuende Problem geflissentlich ignoriert. Mit der Teuerung und den Folgen der Pandemie hatten die schwarz-grünen Wahlkämpfer genug zu kämpfen. Und der FPÖ sollte keine Bühne gegeben werden.
Viel wird seit Tagen von menschenwürdigen Unterkünften geredet, 5800 zum Verfahren zugelassene Asylwerber warten ungeduldig darauf. Tirol muss einen Teil davon übernehmen und ist hier zweifelsohne säumig. Weil sich die TSD bis heute nicht auf unterschiedliche Herausforderungen einstellen konnten. Abermals muss die Politik Krisenfeuerwehr spielen und einmal mehr stellt sich die Frage, was die Ausgliederung für einen Sinn gemacht hat. Außer, dass sie bisher zig Millionen Euro verschlungen hat.

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