TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 28.Januar 2019 von Cornelia Ritzer – „Einsamer Akt der Vernunft“

Innsbruck (OTS) ÖVP und FPÖ veranstalten eine Jobbörse für Asylberechtigte und vernetzen sie mit namhaften Unternehmen.
Das ist ein erfreuliches Zeichen von Sachpolitik statt Scharfmacherei. Aber keine Abkehr vom scharfen Asylkurs.

Der Asylkurs dieser Regierung ist ein scharfer. ÖVP und FPÖ sind sich beim Thema Zuwanderung betont einig, die Regierungsspitze positioniert sich je nach anvisierter Wählergruppe als Kämpfer gegen die illegale Migration (ÖVP-Bundeskanzler Kurz) oder für die Österreicher (FPÖ-Vizekanzler Strache). Die Jobbörse für Asylberechtigte, die in der Vorwoche in Wien veranstaltet wurde, ist ein Akt der Vernunft und Sachlichkeit. Die Scharfmacher in der Regierung führen aber weiterhin das Wort.
Bei der Jobbörse waren 40 Betriebe vor Ort, 1600 Männer und Frauen mit Aufenthaltsrecht gaben ihre Bewerbung ab und führten Gespräche. Das Resümee war positiv: Unternehmen wie OMV, Spar oder Siemens – ÖVP-Wirtschaftsminis­terin Margarete Schramböck konnte augenscheinlich ihre guten Kontakte in die Wirtschaft nutzen – lobten die gelungene Veranstaltung und die engagierten Bewerber. Und das Wichtigste: Es werden Dienstverhältnisse geschlossen.
Die Jobbörse war also keine PR-Aktion, wie Kritiker der in Windeseile organisierten Veranstaltung befürchteten. Auch das AMS war begeistert von der Aktion für die österreichweit 30.000 arbeitslosen Asylberechtigten. Trotzdem ist diese Veranstaltung keine Abkehr der Regierung von ihrem harten Asylkurs. Zuwanderer werden weiterhin vor allem als Gefahr gesehen. So wurde erst jüngst zur Erzeugung von politischem Druck zu unlauteren Mitteln gegriffen.
ÖVP und FPÖ verknüpften die Themen Asyl und Gewalt gegen Frauen miteinander. Die erschreckende Häufung von Morden an Frauen wurde rasch in Zusammenhang mit Zuwanderung gesetzt, sogar von importierter Kriminalität ist die Rede. Dass die Konzentration auf die Herkunft der Täter zu kurz gegriffen ist, Gewalt in allen sozialen Schichten vorkommt und auch in Österreich seit jeher patriarchale Strukturen samt Besitzdenken herrschen, werden beiseitegeschoben. Pauschale Strafmaßnahmen gegen Asylwerber, die ein Verbrechen begehen, passen leichter in das Regierungskonzept als die schmerzhafte Analyse der Hintergründe von häuslicher Gewalt.
Weitere Jobbörsen für Asylwerber sind geplant. Die Politik betont den Leistungsgedanken und forciert ihre Bemühungen, anerkannte Flüchtlinge in Jobs unterzubringen. Denn wer einen Job hat, bezieht keine Mindestsicherung und liegt dem Steuerzahler nicht auf der Tasche. Dass Zuwanderer trotzdem von Teilen der Regierung als Gefahr gesehen werden, zeugt von Zynismus.

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