TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 25. September 2020 von Alois Vahrner „Starkes Lebenszeichen der Sozialpartner“

Innsbruck (OTS) Die gestrige Blitzeinigung der Metaller auf den neuen Kollektivvertrag war wirklich richtungsweisend – als ein echtes Zeichen der Solidarität zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten in der schweren Corona-Krise.

Mit der Einigung nach nur einer ganz kurzen Gesprächsrunde haben die Sozialpartner gestern wohl die aller­meisten Beobachter verblüfft – und wohl auch sehr viele Mitglieder auf Seiten der Unternehmer wie auch der Beschäftigten. Einen so raschen Durchbruch für einen neuen Metaller-Kollektivvertrag hatte es noch nie gegeben. Im Gegensatz zu früheren Jahren verzichteten beide Seiten diesmal weitgehend auf wochenlanges Kampfgetöse schon im Vorfeld, um sich dann in mehreren Verhandlungsrunden allerlei Unfreundlichkeiten auszurichten – gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen in diversen Eskalationsstufen von Betriebsversammlungen bis zu Streiks inbegriffen.
Die Metaller-Runde gibt alljährlich die Richtlatte für eine ganze Reihe weiterer Lohngespräche in anderen Branchen vor. Und auch diesbezüglich war die gestrige Blitzeinigung historisch in ihrer Signalwirkung. Mitten in der schweren Corona-Krise wurde ein starkes Signal der Solidarität gesetzt: Die 1,45 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung (dazu sollen Betriebe, die es sich leisten können, eine freiwillige Corona-Prämie von 150 Euro zahlen) liegen auf Höhe der Inflation – und bedeuten damit für die Beschäftigten eine Wertsicherung. Mit Geld, das viele Unternehmen angesichts massiver Umsatzeinbrüche heuer kaum verdienen können.
Nach der alten Benya-Formel (nach dem früheren legendären ÖGB-Präsidenten Anton Benya), dass der Abschluss in etwa die Inflation plus den halben Produktivitätsfort­schritt ausmachen soll, wäre heuer wohl sogar eine Minus-Runde herausgekommen. Es ist also ein Lohnabschluss mit dem Prinzip Hoffnung, dass es mit der Wirtschaft bald wieder nach oben geht. Firmen und Beschäftigte sind allesamt unschuldig in die Krise gerutscht. Viele Unternehmen kämpfen um den Fortbestand, unzählige Beschäftigte zittern um ihre Arbeitsplätze. Der Abschluss ist ein Zeichen, dass man gerade jetzt in der Krise quasi als „Team Österreich“ im selben Boot sitzt und gemeinsam an einem Strang zieht.
Der Metaller-Abschluss kann, so er keine Eintagsfliege bleibt, auch der zuweilen schon fast totgesagten Sozialpartnerschaft neues Leben einhauchen, denn die Sozial­partner, die über Jahrzehnte als starke Nebenregierung galten, schienen immer öfter nicht einmal mehr in der Lage, selbst Fragen über die Zukunft von Arbeit und Standort zu lösen – und galten zuweilen weniger als Problemlöser als selbst als ein Teil des Stillstand-Problems im Land. Es wäre schön, wenn dies wieder nachhaltig anders würde.

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