TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 22. März 2017 von Michael Sprenger „Häupls zweiter Versuch“

Innsbruck (OTS) Dass es der Wiener Bürgermeister verabsäumt hat, frühzeitig seine Nachfolge zu regeln, braucht man ihm nicht zu sagen. Das weiß er selbst. Doch er bekommt eine zweite Chance. Deshalb tritt er am Parteitag erneut für den Vorsitz an.

Am kommenden Samstag wird Erwin Pröll noch einmal den Glanz der Bühne, der ihm von der Volkspartei bereitet wird, in vollen Zügen genießen können. Im Anschluss, wenn Johanna Mikl-Leitner nach einem tollen Ergebnis als neue Vorsitzende der niederösterreichischen ÖVP bejubelt werden wird, dürfte es noch einmal unruhig werden in der Wiener SPÖ. Michael Häupl solle endlich die Nachfolge regeln, er solle sich ein Beispiel an Pröll (und an Josef Pühringer) nehmen. So oder so ähnlich könnten sich die üblichen Verdächtigen zu Wort melden. Doch das war’s dann auch. Häupl weiß selbst am besten, dass er es verabsäumt hat, seine Nachfolge zeitgerecht zu regeln. Er weiß, dass er seine Ankündigungen vom Abend der für ihn – trotz Verlusten – erfolgreichen Gemeinderatswahl im Nichts verpuffen ließ. Es war ja Häupl, der den jubelnden Genossen am 11. Oktober 2015 zurief, dass es nun darum gehe, „energisch“ über die künftige Parteiarbeit nachzudenken. Das Nachdenken fand nicht statt. Doch seither ist viel passiert in der SPÖ.
Werner Faymann wurde im Vorjahr, beim Hochamt der SPÖ, von der Bühne gepfiffen. Wenig später trat der glücklose Parteivorsitzende und Kanzler zurück. Faymanns Jünger machten Häupl dafür verantwortlich, weil er es nicht geschafft hatte, Faymann zu schützen. Sie wollten dafür gerne Rache nehmen. Doch ihr Kalkül ging nicht auf. Häupl machte es Faymann nicht gleich, trotzte ihrer Kritik, mimte nicht den Beleidigten, wird noch einmal für das Amt des Wiener SPÖ-Chefs antreten. Und seine Gegner werden nicht den Mumm haben, Häupl am Parteitag herauszufordern. Ihr Protest wird allenthalben ein stiller in der Wahlurne sein.
Doch die erwartbaren Streichungen werden Häupl nicht erschüttern. Das schüttelt er ab. Er weiß für sich, dass er nun regeln muss, was zu regeln ist. Das braucht ihm keiner zu sagen. Daher tritt er noch einmal für den Parteivorsitz in Wien an, um seinen späteren Abgang – wie jetzt Pröll – zu zelebrieren. So verhindert er einen Machtkampf in der Wiener SPÖ auf offener Bühne. So gewinnt er Zeit. Denn, auch das weiß Häupl, die SPÖ wird er 2020 nicht mehr in die Gemeinderatswahl führen. Also wird er in Absprache mit Kanzler Christian Kern nach dem Parteitag „energisch“ über die Zukunft der Wiener SPÖ nachdenken. Damit die SPÖ bei der Nationalratswahl ihre Chance nützen – und Häupl danach in der Wiener Partei Fakten schaffen kann.

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