TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 22. April 2020 von Michael Sprenger „Wenn’s Mailüfterl weht“

Innsbruck (OTS) Der Mai des Jahres 2020 könnte uns jene Hoffnung bescheren, die nötig ist, um die schmerzhaften Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die Normalität ist noch weit entfernt. Doch der Weg ist wieder sichtbar geworden.

Von Normalität brauchen wir nicht zu sprechen – auch nicht von einer neuen. Denn die so oft von des Kanzlers Stimme wiederholte „neue Normalität“ soll uns nicht zufrieden machen, sondern darüber hinwegtäuschen, dass die selbstverständlichen Freiheiten der Vergangenheit noch lange nicht zurückkehren werden. Normalität, so wissen wir aus der Soziologie, bezeichnet das Selbstverständliche in der Gesellschaft, welches eben nicht beschlossen, erklärt und auch nicht bewilligt werden muss.
Trotzdem wird der Mai 2020 uns allen wohl in Erinnerung bleiben als ein Monat der Hoffnung. Wollen wir daran glauben, dass sich mit dem Mailüfterl der massiv eingeschränkte Alltag ein wenig erträglicher gestalten lässt. Nach den Wochen der rigorosen Ausgangsbeschränkungen und der geschlossenen Schulen, Geschäfte und Gaststätten soll es wieder mehr Bewegungsfreiheit und unmittelbare Kontaktaufnahme geben.

Die Regierungsspitze verkündete weitere Lockerungen, ohne dabei konkret zu werden. Aber alles, was wir gehört haben, mindert die sich in weiten Teilen der Gesellschaft breitmachende Frustration. Am 1.Mai wird es keinen Maiaufmarsch und keine Maifeiern geben, aber in kleinen Gruppen können sich Freunde und Familienmitglieder wieder treffen. Am Tag danach können alle bis dahin noch geschlossenen Geschäfte wieder öffnen und Dienstleistungen in Anspruch genommen werden. Ab Mitte Mai werden dann endlich, wenn auch stufenweise, wie betont wird, Schulen ihr Pforten öffnen. Und Restaurants, Gast- und Kaffeehäuser können wieder Gäste bewirten.
Nein, wir müssen dafür niemanden dankbar sein, weil es ja wir selbst waren, die mit unserem Verhalten dafür gesorgt haben, dass sich die Corona-Pandemie hierzulande bisher auf eine vergleichsweide erfreuliche Weise beherrschbar entwickelt hat. Die harten Maßnahmen sollen nicht umsonst gewesen sein. Die Freude, die mitunter im Mai aufkommt, sollen wir genießen dürfen. Und hoffen, dass sie den weiteren Weg ebnet, damit wir einmal die Pandemie als schlimme Episode in unserem Leben abgespeichert haben, die aber vergangen ist. Dafür bedarf es auch einer Solidarität in der Gesellschaft, die uns in der Zeit vor Corona oft schon abhandengekommen war. Die Kollateralschäden des Shutdowns sind gigantisch. Die Normalität, die wir uns alle wünschen sollten, wird noch lange auf sich warten. Doch das Mailüfterl ist einmal ein Anfang.

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