TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 21. Juni 2019 von Marco Witting – Ein Armutszeugnis im Millionenloch

Innsbruck (OTS) Der Bericht des Innsbrucker Kontrollamtes zum Patscherkofel hat auf den ersten Blick nur die bisher bekannten Gründe für das Millionen-Desaster offenbart. Entscheidend ist aber, was die Stadtpolitik jetzt daraus macht.
Dass sich die Innsbrucker Oppositionsparteien gestern mit ersten Reaktionen in Zurückhaltung übten, könnte man dahingehend werten, dass die Mandatare abwarten wollen, bis der Kontrollamtsbericht in den entsprechenden Ausschuss kommt. Man könnte es aber auch so deuten, dass man auf den ersten Blick nicht wirklich das gefunden hat, worauf man fast ein Jahr lang gehofft hat. Auf diesen ersten Blick, sofern das in der Kürze bei 300 Seiten geht, ist der Bericht nämlich keine Abrechnung mit der Abrechnung des Millionen-Desasters. Das war auch nicht zu erwarten. Viel wichtiger wird jetzt sein, was die Stadtpolitik daraus macht. Und was Bürgermeister Georg Willi mit jener ominösen externen Prüfung macht, von der es in der Gerüchteküche stets geheißen hat, sie sei deutlich schärfer ausgefallen. Der Stadtchef hat die Zügel in der Hand. Die Frage ist, ob er seine Koalition dafür aufs Spiel setzen will oder kann, ob der zweite Bericht wirklich öffentlich wird und tatsächlich mehr Sprengstoff bietet. Im Sinne der Transparenz sollte Willi klar Stellung beziehen.
Wer mit Seilbahnern in diesem Land redet, der erntet rund um den Innsbrucker Hausberg nur Kopfschütteln. Für so viel Geld (66 Millionen Euro, je nachdem, was man so alles einrechnet oder auch nicht) bauen andere ganz andere und viel größere Sachen. Aber dieses Projekt war von Beginn an anders. Vom Architektenwettbewerb, dem Einfluss der Politik bis hin zum engen Zeitplan. Dazu kamen Pleiten, Pech und Pannen. Schlechtes Wetter. Schlechter Boden. Häuslbauer kennen das. Nur kann sich ein normaler Kreditnehmer nicht leisten, aus einem Einfamilienhaus eine Villa zu machen und dort noch die Kosten um über 18 Prozent zu überschreiten. Bei allen nachvollziehbaren Schwierigkeiten: Hier geht es um Steuergeld und das ist in dieser Form nicht einfach hinnehmbar. Schon gar nicht, wenn der Bericht anmerkt, dass die Kontrolle der Kosten nur „partiell“ durchgeführt wurde. Jeder der Verantwortlichen, die damals mitentschieden haben (Politik und Geschäftsführung), muss sich die Frage stellen, wie man das verantworten kann.
Der Sondergemeinderat zum Thema, der ansteht, dürfte trotzdem nur zum parteipolitischen Spiel verkommen. Innsbruck darf aber nicht zur Tagesordnung übergehen. Dass man 2019 darüber reden muss, für Großprojekte in Millionenhöhe künftig bessere Kontrollstrukturen zu installieren, ist eigentlich Armutszeugnis genug.

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