TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 20 .Januar 2021 von Theresa Mair „Durch die Krise zur gerechteren Schule“

Innsbruck (OTS) Bildung ist in Österreich Erbsache. Das ist nicht neu, zeigt sich aber in der Krise noch deutlicher, denn Schüler aus bildungsfernen Familien haben es besonders schwer. Zeit, hinzusehen und überfällige Systemänderungen anzugehen.

Schule und Universität sind für Schüler und Studierende nicht nur Lern-, sondern auch Lebensorte. Diese Erkenntnis mag viele unter ihnen selbst am meisten überrascht haben. Immerhin war anfangs schon auch noch von „Corona-Ferien“ die Rede. Doch je länger sie aus den Lernstätten aus- und zuhause im Distance Learning eingesperrt sind, desto belastender ist die Situation für sie. Die Heranwachsenden leiden darunter, ihre Mitschüler und Kommilitonen nicht zu treffen. Sie vermissen aber auch das gemeinsame Lernen und Erarbeiten des Unterrichtsstoffs. Selbstorganisation und autonomes Lernen sind nichts, was man in die Wiege gelegt bekommt. Es dauert, bis man herausfindet, wie, wo und wann man was am effizientesten lernt. Die Eltern, die unterstützen sollten, stoßen selbst häufig an ihre Grenzen. Einem Studenten können sie sowieso nicht mehr helfen.
Am härtesten trifft es aber diejenigen, die schon von Haus aus benachteiligt sind: Kinder, die daheim nicht die optimalen Lernbedingungen vorfinden, weil es viele Konflikte, wenig Platz und kein technisches Equipment für das digitale Lernen gibt. Studenten, die auf ihren Nebenjob angewiesen sind, um sich Leben und Studium zu verdienen und jetzt ohne Arbeit dastehen. Hier zeigt die Krise im Brennglas, was zuvor schon aus Nationalen Bildungsberichten und PISA-Studien herauszulesen war: Österreich hat ein Problem mit der Bildungsgerechtigkeit. Doch die Österreicher sind in Bildungsfragen auch beratungsresistent. Mit zeitgemäßen Konzepten, um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erwirken – Gesamtschule, Abschaffung von Hausübungen, Abschaffung von Noten –, kommt man schwer durch. Da können noch so viele Studien ihre Wirksamkeit untermauern.
Insofern kann die jetzige Krise auch als Chance betrachtet werden:
eine, die einen zwingt, hinzuschauen, Änderungen im System nicht mehr aufzuschieben und Geld zu investieren (falls man für Bildung noch etwas übrig hat). Denn Corona hat auch gezeigt, dass Veränderungen möglich sind und Entwicklungen des Lebens nicht dauerhaft an der Schule vorbeigehen können: Sind vor zehn Jahren nach einer ersten Digitalisierungsoffensive die interaktiven Tafeln in vielen Klassen nahezu verkommen, waren engagierte und weniger engagierte Lehrende und Lernende durch die neue Situation dazu gezwungen, sich digital umzustellen. Das haben sie gemeistert und das wird auch das „neue Normal“ prägen. Eine Rückkehr zur analogen Schule von früher wird es nicht mehr geben. Braucht nur noch jedes Kind einen Laptop.

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