TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 18. März 2017 von Mario Zenhäusern – Krieg der Worte

Innsbruck (OTS) Die Türkei entfernt sich immer weiter von Europa. Nur die Rücksicht auf den Flüchtlingsdeal hindert die EU-Spitze daran, endlich klarzustellen, dass Erdogan mit seiner Politik die Tür zur EU endgültig zuschlägt.

Derzeit vergeht praktisch kein Tag ohne neue, wüste Attacken eines türkischen Politikers gegen die Europäische Union in ihrer Gesamtheit oder gegen einzelne Mitgliedsstaaten. Obwohl sich die Türkei formell immer noch im Status eines Beitrittskandidaten befindet, lassen Erdogan und seine Vasallen keine Gelegenheit aus, ihre fanatischen Anhänger gegen Europa zu mobilisieren. Letzter Höhepunkt in diesem unwürdigen Trauerspiel ist die Drohung des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu, der den Ausgang der Wahlen in den Niederlanden mit folgenden Worten kommentierte: „Sie haben alle dieselbe Mentalität. Und diese Mentalität wird Europa an den Abgrund führen. Bald könnten und werden Religionskriege in Europa beginnen.“
Parallel zu diesem Krieg der Worte machen die Anhänger Erdogans unter Auslandstürken Stimmung für das Referendum am 16. April, bei dem Präsident Recep Tayyip Erdogan zum Alleinherrscher auf Lebenszeit gekürt werden soll. Sie verletzen bei ihrem Werbefeldzug diplomatische Usancen – wie in den Niederlanden – und versuchen bei jeder sich bietenden Gelegenheit und meist gegen den Willen der Gastländer, ihre Landsleute zu beeinflussen. Die Gesandten des künftigen Diktators vom Bosporus pervertieren dabei demokratische Grundhaltungen, indem sie für sich Werte wie Rede- und Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen, um in ihrer Heimat ein politisches System zu etablieren, das genau diese Werte nicht nur mit Füßen tritt, sondern gänzlich abschafft.
Kein Wunder also, wenn in Europa der Widerstand gegen die türkische Willkür wächst. In Innsbruck zum Beispiel genügt der begründete Verdacht, dass eine Kulturveranstaltung als Bühne für eine politische Kundgebung missbraucht werden könnte, um die Veranstaltung zu verbieten. Gleichzeitig arbeitet die Bundesregierung an einer gesetzlichen Regelung, die Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich generell unterbinden soll. Dass viele EU-Staaten in der Ablehnung der aktuellen Politik Ankaras einig sind und in Anlassfällen ähnlich reagieren, ist ein weiterer Beweis dafür, wie sehr die türkische Aggressivität Missfallen erregt.
Lediglich die EU-Spitze selbst reagiert noch immer verhalten auf die Provokationen Erdogans. Die Rücksicht auf den Flüchtlingsdeal scheint Juncker und Tusk davon abzuhalten, den Türken mit aller Härte zu sagen, was Sache ist: dass die Tür zu Europa (und allen damit verbundenen Vorteilen bzw. Zusagen!) mit dieser Art von Politik auf Dauer verschlossen bleiben wird.

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