TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 18. Februar 2019 von Alex Gruber „Zwischen Nationalstolz und Detailarbeit“

Innsbruck (OTS) Der Super Sunday um Superstar Marcel Hirscher mit Gold, Silber und Bronze im WM-Slalom rückte die ÖSV-Bilanz in Aare etwas zurecht. Wer die Titelkämpfe auf Goldmedaillen reduziert, klammert aber nicht nur den Sportsgeist aus.

Viele Menschen kommen, nur manche erscheinen – und es blieb einmal mehr dem Phänomen Marcel Hirscher vorbehalten, die ersehnte, erste Goldmedaille bei den Titelkämpfen in Schweden für die rotweißrote Ski-Nation einzufahren. Das war ein absolut stimmiges Bild, ganz großer Sport, und ersparte Österreich zudem die Schmach, erstmals seit der WM 1987 in Crans Montana ohne goldenen Glanz nach Hause zu reisen. Sonst wäre das Rad wohl doch gänzlich abgewesen, schließlich reiht sich die Medaillenausbeute mit einmal Gold, viermal Silber und dreimal Bronze nur an der 28. Stelle unter den Ski-Weltmeisterschaften ein.
Das mag einige wieder dazu animieren, den finanzkräftigen Apparat des Österreichischen Skiverbandes genauer kritisch zu durchleuchten. Die wenigen Hundertstel, die den großteils unerfahrenen ÖSV-Damen bei drei vierten Plätzen zu Edelmetall fehlten, bleiben bei diesem Ansatz möglicherweise genauso auf der Strecke wie ein Blick auf die Verletztenliste (u. a. Anna Veith, Max Franz, Stephanie Brunner), die Stockerl-Anwärter führt. Dennoch bleibt zu notieren, dass der heimische Verband wie ein Bissen Brot an einem Ausnahmekönner wie Marcel H. hängt. Früher holten bei den Herren ein „Herminator“ (Hermann Maier) oder später Stephan Eberharter die Kastanien aus dem Feuer, bei den Damen feierte man einst auch die „Golden Girls“ (Meissnitzer, Götschl, Dorfmeister). Und mit dem Karriereende des Traumpaars Benjamin Raich und Marlies Schild ging auch viel Klasse verloren.
Die „Produktion“ überragender Einzelkönner brachte bei den Damen hinter US-Star Mikaela Shiffrin mit Petra Vlhova eine Slowakin hervor. Tina Maze (SLO) exerzierte einst den Mantel eines perfekt organisierten „Ein-Mann-Teams“ wie die Hirscher-Crew vor. Eine Tatsache, die ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel als Zeichen der Zeit interpretierte. Masse ist ja nicht gleich Klasse.
Das Gute an einer mittelprächtigen WM mit reduzierten Speed-Strecken und teils trister Kulisse blieb der Blick aufs Podest, das die Größten der Zunft vorne sah. Was nichts daran ändert, dass ein Gesamtweltcupsieg oder Gewinn eines Disziplinen-Weltcups um vieles schwerer wiegt als das Edelmetall eines einzelnen Rennens.
Die 3S-Formel „Ski, Schuh, Schnee“ lässt in Sachen Materialabstimmung einen großen Erfolgsanteil ans Serviceteam wandern. Der Kampf um Hundertstel bleibt ein diffiziles Spiel mit den Kräften. Fragen Sie nach bei Volksheld Hirscher. Und wer einen Sechsten (gestern Manuel Feller) nicht ehrt, ist den Sportsgeist nicht wert.

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