TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 17. April 2021 von Christian Jentsch „Kalte Krieger auf beiden Seiten“

Innsbruck (OTS) Nicht nur der eskalierende Ukraine-Konflikt bringt die Kalten Krieger wieder in Stellung. Doch das Zündeln auf beiden Seiten könnte zu einem Großbrand führen, der kaum mehr zu löschen ist.

Der mittlerweile vom Weißen Haus auf den Golfplatz verbannte frühere US-Präsident Donald Trump polterte als Geisterfahrer durch das Weltgeschehen. Im Weltentheater führte die Unsicherheit Regie. Doch mit Moskau herrschte Waffenstillstand. Trump und Kremlchef Wladimir Putin verschonten sich mit Drohgebärden – auch wenn in den Beziehungen zwischen Moskau und Washington längst nicht alles eitel Wonne war. Mit dem demokratischen Nachfolger Trumps, Joe Biden, sollte auf der Bühne der großen Weltpolitik wieder mehr Ruhe einkehren. Der Westen rief seine Wiederauferstehung aus. Doch von Ruhe kann keine Rede sein. Ganz im Gegenteil. Abseits des Gerangels mit China um die Vormachtstellung der Supermächte zeigt Washington auch Moskau die Zähne. Die USA und Russland bewegen sich nicht nur im eskalierenden Ukraine-Konflikt auf Konfrontationskurs. Bidens Regierung verhängte wegen mutmaßlicher russischer Hackerangriffe und der Einmischung Moskaus in den US-Wahlkampf neue Sanktionen gegen Russland, seinen russischen Amtskollegen Putin charakterisierte er als „Killer“. Doch trotz der harten Worte und der unterkühlten Beziehungen betonte Biden zuletzt, es nicht auf einen „Kreislauf der Eskalation“ abgesehen zu haben. Ein Szenario, das wohl auch dem wirtschaftlich schwer angeschlagenen Russ­land alles andere als gelegen käme. Doch trotz der Bemühungen, die Konfrontation zwischen Ost und West nicht auf die Spitze zu treiben, reiben sich die Kalten Krieger schon wieder die Hände. Schließlich geht es darum, aus der Konfrontation Vorteile zu ziehen. Sicher hat Russland seine Hände auf Seiten der Separatisten in der Ostukra­ine im Spiel. Und sicher ist der massive russische Truppenaufmarsch entlang der Grenze zur Ukraine ein Drohsignal, das nicht nur in Kiew die Alarmglocken schrillen lässt. Erinnerungen an die Annexion der Krim werden wach. Doch auch Kiew spielt mit dem Feuer. So wurde der von der Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich im Jahr 2015 ausgehandelte Friedensplan von Minsk seitens der Ukraine zuletzt massiv in Zweifel gezogen. Kiew will vermehrt die USA auf seiner Seite mit ins Boot holen. Was in Moskau massive Gegenreaktionen hervorruft. Und die Drohung Kiews, selbst wieder Atomwaffen zu beschaffen, sollte man nicht in die NATO aufgenommen werden, trägt alles andere als zur Entspannung bei. Die Zündler sind zur Zeit fleißig am Werk. Doch sollte aus den Zündeleien ein Großbrand entstehen, wird er kaum mehr zu löschen sein.

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