TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 15. September 2020 von Manfred Mitterwachauer – „Spekulative Versprechen“

Innsbruck (OTS) Mit Regierungsantritt 2018 hat sich Schwarz-Grün II in Tirol dem leistbaren Wohnen verschrieben. Seither wurde an vielen Stellschrauben gedreht, die eingerostetsten bis dato aber unangetastet gelassen – ein Auftrag für die zweite Koalitionshalbzeit.

All jenen, die sich im Zentralraum
Innsbrucks, aber auch den Gunstlagen rund um den Hahnenkamm in Kitzbühel, dem Wilden Kaiser oder fast schon der gesamten Inntalfurche von Kuf­stein bis Landeck ein Eigenheim schaffen wollen, sei ein Termin ans Herz gelegt: Morgen Mittwoch lockt ein Vierfachjackpot. Denn wer nicht im Lotto gewinnt oder reich erbt, tut sich inzwischen beim Erwerb einer adäquaten Wohnung oder gar eines schmucken Häuschens mehr als schwer. Auch am Mietmarkt muss man 1700 Euro im Monat für eine 65-Quadratmeter-Wohnung im Speckgürtel der Landeshauptstadt erst verdienen. Zweieinhalb Jahre, nachdem sich Schwarz-Grün II das leistbare Wohnen auf die Regierungsfahnen geheftet hat, ist man vom Ziel noch meilenweit entfernt. Eine bittere Erkenntnis zur Regierungshalbzeit.
Untätigkeit ist der Landesregierung in der Wohnraummisere keine vorzuwerfen. Gedreht wurde seit 2018 an vielen kleinen und großen Stellschrauben. Da wurde u. a. bei der Mietzinsbeihilfe nachgebessert, Baulandneuwidmungen mit einer Befris­tung versehen, Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau eingeführt, eine Freizeitwohnsitzabgabe beschlossen, die Wohnbauförderung reformiert und die angemessenen Grundkosten nach oben revidiert. Interessant wird’s dort, wo die Koalition die im Jänner 2019 beschlossenen Maßnahmen des „Wohn-Pakets“ noch nicht angegangen ist. Vom Interessentenmodell im Baulandgrundverkehr fehlt jede Spur, die Verhinderung des spekulativen Eigentumerwerbs im „grünen Grundverkehr“ ist über den Status eines Lippenbekenntnisses noch nicht hinausgekommen. Überall, wo jetzt gezaudert wird, geht’s auch um die Kernklientel der ÖVP, die Bauern. Die Reaktivierung der Baulandreserven mittels Rückwidmung erhielt zwar jüngst auch aus dem Wirtschaftsflügel der Schwarzen unerwartet neue Nahrung – gegessen ist sie deshalb aber noch lange nicht.
Indes verhedderte sich die Hoffnung, verwaisten Wohnbestand in Innsbruck durch eine Leerstandserhebung (und eine daran geknüpfte Abgabe) wieder marktfähig zu machen, in rechtlichen Fallstricken aus Wollen und Können. Das selbst gesteckte Ziel von 12.000 neuen geförderten Wohnungen im Land bis 2023 muss Schwarz-Grün wohl jetzt schon revidieren.
Betongold ist für Gutbetuchte derzeit eine der sichersten Anlageformen. Und somit der natürliche Feind leistbaren Wohnens. Insofern ist das Versprechen der Landesregierung auch bis zum Ende dieser Amtsperiode ein höchst spekulatives.

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