TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 14. Jänner 2023 von Alois Vahrner „Papa Staat und die Work-Life-Balance“

Innsbruck (OTS) Nach Rekord-Arbeitslosigkeit nun der drückende Personalmangel in praktisch allen Bereichen: Österreichs Wohlstand und Sozialsystem hängen davon ab, wie gut der Standort ist und ob die Personallücke geschlossen werden kann.

Wie schnell sich doch manche Ding­e völlig drehen können: Im Frühjahr 2020, mitten im ersten harten Corona-Lockdown, als ganze Branchen vom Staat stillgelegt wurden, explodierte die Arbeitslosenzahl in Österreich auf fast 600.000. Dazu waren mehr als 1,3 Millionen Menschen im Kurzarbeit.
Jetzt, trotz Ukraine-Krieg, Energie-Turbulenzen und Teuerungswelle, klagen praktisch alle Wirtschaftsbereiche, aber auch die öffentliche Hand über einen massiven Arbeitskräftemangel. Vom Tourismus über Handel, Gewerbe und Industrie, von den Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen bis hin zur Bahn, der Polizei, der Finanz oder anderen Verwaltungs­bereichen: Überall wird fieberhaft Personal gesucht. Hunderttausende Stellen sind österreichweit kaum oder gar nicht zu besetzen, allein in Tirol seien es bis zu 25.000 Jobs, sagt die Wirtschaftskammer. Zuweilen müssen Öffnungszeiten bereits reduziert, Kunden abgewiesen oder Teile von Restaurants oder auch Krankenhaus- oder Altenheim-Betten stillgelegt werden, weil einfach die nötigen Beschäftigten fehlen.
Wo ist plötzlich das ganze Personal hin, wird immer wieder gefragt. War es die zumindest nach Corona bis weit ins Jahr 2022 andauernde gute Konjunktur? Sind es Folgen der demografischen Entwicklung, dass jetzt und auch in den kommenden Jahren einfach mehr geburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen? Mögen vor allem die Jüngeren, aber nicht nur die, nicht mehr so lange arbeiten wie bisher üblich (Stichwort Teilzeit, Viertagewoche und Work-Life-Balance)? Oder ist der Staat schuld, weil er Mehrarbeit mit hohen Steuern bestraft oder weil er bei all den Krisen der jüngeren Zeit wiederholt sein milliardenschweres Füllhorn über die Wirtschaft und die Beschäftigten ausgeschüttet hat?
Wahrscheinlich sind sogar alle Punkte für die jetzige Misere mitverantwortlich, die sich bei politischer Nichttätigkeit noch massiv zu verschärfen droht. Schon jetzt befürchten laut einer Umfrage drei Viertel der Bevölkerung einen sozialen Abstieg.
Dass Papa Staat, der seit Corona via Gießkanne mit zweistelligen Milliardenbeträgen auf Pump Krisenfolgen abgefedert hat, diesen Kurs nicht ewig fortsetzen kann, ist nur zu klar. Was er aber kann, ist, möglichst rasch Rahmenbedingungen für zusätzliches Arbeiten und Arbeitskräfte zu schaffen – von den Steuern bis hin zur Kinderbetreuung und ja, auch qualifizierten Zuzug von benötigten Fachkräften. Ohne Leistungsbereitschaft der Bevölkerung, einen auch gegenüber Asien und den USA attraktiven Wirtschaftsstandort (dazu zählt auch leistbare Energie), Forschung und Digitalisierung ist unser Wohlstand nicht nur gefährdet, sondern wird automatisch schrumpfen.

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