TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 12. Juni 2018 von Christian Jentsch „Frieden in weiter Ferne“

Innsbruck (OTS) - Im Nahen Osten verdrängt die Auseinandersetzung mit dem Iran den israelisch-palästinensischen Konflikt. Auch Österreichs Kanzler betont vor allem Israels Sicherheitsinteresse.

Man war schon nahe dran. Heute ist eine Friedenslösung im Nahost-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern freilich in weiter Ferne. Der Friedensprozess von Oslo und die so genannte „Roadmap“ (Straßenkarte) zur Friedenslösung, vorgelegt vom früheren US-Präsidenten George W. Bush, sind nur ein leises Echo aus (gar nicht so weit zurückliegenden) vergangenen Zeiten. Eine Friedenslösung scheint heute weiter entfernt denn je. Sie steht auch schlicht nicht mehr auf dem Programm. Israels Regierung von Premier Benjamin Netanjahu hat derzeit ganz und gar die iranische Bedrohung im Visier. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz betonte bei seinem Besuch in Israel, sich während des österreichischen Ratsvorsitzes in der EU verstärkt für die Sicherheitsinteressen Israels einzusetzen. Dafür müsse insbesondere Europa mehr Verständnis aufbringen. Von einer Friedenslösung mit den Palästinensern ist kaum mehr die Rede. Nach der einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch US-Präsident Donald Trump stehen die Zeichen auf Konfrontation. Das Bürgerkriegsland Syrien ist bereits zum Schlachtfeld in der Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran geworden. Zuletzt bombardierten israelische Kampfjets Stellungen iranischer Militärs und ihrer Verbündeten in Syrien. Und Israels Verteidigungsminis­ter Avigdor Lieberman machte klar: „Wir werden nicht erlauben, dass sich der Iran in Syrien festsetzt, was immer der Preis ist.“
Auf der anderen Seite drohen radikale Kräfte im Iran wieder lauthals mit der Zerstörung Israels. Im Schatten des drohenden Krieges mit dem Iran spielt der Konflikt mit den Palästinensern keine Rolle mehr. Zudem gibt es keinen internationalen Druck zur Erreichung einer Friedenslösung. Europas Stimme in Israel ist leise und die USA unter Präsident Trump haben die Vermittlerrolle aufgegeben. Trump verlegte zwar die US-Botschaft nach Jerusalem, der angekündigte Kushner-Friedensplan bleibt aber ein Mysterium. Auch die arabischen Schwergewichte scheinen ihr Interesse an den Palästinensern verloren zu haben. Die Saudis sehen den Iran als größte Bedrohung, der israelisch-palästinensische Konflikt ist da nur zweitrangig. Israels Regierung hat derzeit also kein Interesse daran, am Status quo irgendwas zu verändern. Eine Zwei-Staaten-Lösung scheint tot, eine Ein-Staaten-Lösung mit vollen Rechten für die Palästinenser wäre das Ende des jüdischen Staates Israel. Also muss der Status quo erhalten werden. Eine Friedenslösung ist weiter entfernt denn je.

Rückfragen & Kontakt:

Tiroler Tageszeitung
0512 5354 5101
chefredaktion@tt.com



Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.

Eigenes Pressefach für Ihre Pressemeldungen - Pressefach.eu

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen