TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 10. Mai von Peter Nindler „Gemeinden als Rettungsschwimmer“

Innsbruck (OTS) Einfach nur schwimmen, schwimmen, schwimmen wird auf Dauer bei den defizitären Schwimmbädern in den Tiroler Gemeinden nicht gehen. Die Kommunen sind finanziell am Anschlag, ohne regionale Lösungen drohen sie unterzugehen.

Dem Wörgler Wave wird jetzt endgültig das Wasser abgedreht, die Stadtgemeinde wollte mit ihrem Erlebnisbad finanziell nicht untergehen. Die Situation in Wörgl steht jedoch stellvertretend für den beinahe nicht zu lösenden Konflikt, in dem sich viele Gemeinden mit ihren Bürgermeisterliften oder Schwimmbädern befinden. Sie sollen Freizeiteinrichtungen für ihre Bürger anbieten, zugleich reißen diese Infrastruktur-Angebote tiefe Löcher in die kommunalen Budgets. Und nicht selten müssen Bergbahnen gerettet werden. Tun die Bürgermeister das nicht, wallt offen Bürgerfrus­t auf.
Corona hat die finanzielle Lage in den Gemeindestuben zusätzlich verschärft, obwohl Land und Bund mit den Hilfspaketen von weit mehr als 100 Millionen Euro ihre Liquidität sichern. Freilich ist damit das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Es bleibt eng in den Gemeindekassen, weil Einnahmen fehlen. Trotzdem soll in den kommenden Jahren wieder verstärkt in die regionale Wirtschaft investiert, gleichzeitig aber auch gespart werden. Ein Spagat, der ohne politisches Fingerspitzengefühl wehtut.
Schließlich war die kommunale Finanzsituation schon vor Corona mehr als angespannt. Zusammen mit den Verpflichtungen für die Gemeindeverbände beträgt der Schuldenstand für die 279 Tiroler Gemeinden und Städte rund 1,3 Milliarden Euro. Nicht zu vergessen sind dabei die enormen Herausforderungen für die Spitalsfinanzierung und die Sozialpolitik. Deshalb steht den Gemeinden ausgerechnet vor den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen im Februar 2022 das Wasser fast schon bis zum Hals. Vor allzu vollmundigen Versprechen und Ansagen werden sich die amtierenden Bürgermeister bzw. die Kandidaten deshalb hüten.
Was bedeutet das jetzt für die kostenintensiven Freizeiteinrichtungen? Die Gemeinden müssen endlich das Kirchturmdenken überwinden und die Planungsverbände endlich operativ aktivieren. Vielerorts benötigt es regionales Denken, um lokale Aufgaben zu lösen. Dazu zählen nun einmal Schwimmbäder, Recyclinghöfe oder Bürgermeisterlifte. Ob jede Gemeinde ein Feuerwehrhaus ihr Eigen nennen sollte, darf ebenfalls keine heilige Kuh mehr sein. Was den Gemeindebürgern schlussendlich bewusst sein muss: Es ist ihr Geld, das in die Schwimmbäder fließt, die „Alles gratis, alles notwendig“-Mentalität eigentlich nicht mehr zu rechtfertigen. Nur: In den nächsten eineinhalb Jahren sind keine Reformen zu erwarten, schließlich haben die Gemeinderatswahlen eine Vorlaufzeit und zumeist einen langen Nachspann. Die Finanzprobleme in vielen Gemeinden lassen sich politisch aber nicht mehr aussitzen.

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