TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 1. März 2019 von Michael Sprenger „Anspruch und Wirklichkeit“

Innsbruck (OTS) Die Politik auf dem Reißbrett beherrscht die Bundesregierung. Da steckt die türkis-blaue Koalition alle ihre Vorgängerregierungen in den Sack. Wenn jedoch Ungeplantes passiert, häufen sich die handwerklichen Fehler.

Das steht so im Regierungsprogramm, ist so klar definiert. Das Regierungsprogramm spricht hier eine klare Sprache.“ Mit solchen Formulierungen erklärt uns seit Monaten die rechtskonservative Bundesregierung ihre Ankündigungen, Initiativen und Vorhaben, die sie zuvor auf dem Reißbrett ausgearbeitet hat. Regierungsprogramm als Handlungsanleitung und Rechtfertigung.
In diesen besagten Fällen – vom Familienbonus bis zum Umbau bei den Sozialversicherungen – kam es zu keinen echten Stolpereien. Die große Ausnahme markierte vielleicht immer wieder Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, wenn sie wieder einmal nicht in die vorgegebene Message Control eingeweiht worden war. Aber wie gesagt – es wurde letzten Endes umgesetzt, was zuvor auf dem Reißbrett entworfen worden war. Damit machte die Koalition jedenfalls den Unterschied zu den Vorgängerregierungen sichtbar.
Selbst Kritiker der Regierung stellten ÖVP und FPÖ ein gutes Zeugnis aus, wenn es darum ging, die handwerkliche Umsetzung des Regierungsprogramms zu beurteilen. Doch in jüngster Zeit ist die Koalition immer wieder mit Themen konfrontiert, wo es eben keinen zuvor ausgeklügelten Plan gibt. Selbst nach einer vierwöchigen Nachdenkpause gaben die Regierungskoordinatoren Norbert Hofer (FPÖ) und Gernot Blümel (ÖVP) bei der Karfreitagsregelung ein handwerklich schlechtes Bild ab. So, als wirkten sie überfordert. Zuerst die lächerliche halbe Feiertagslösung, dann das Streichen eines der höchsten Feiertage für die Protes­tanten, nur weil die Regierenden nicht auf die Möglichkeiten eines Feiertagsabtausches eingehen wollten, um es sich mit dem Handel (8. Dezember) oder der Tourismuswirtschaft (Pfingstmontag) nicht zu verscherzen. Die nun ausgegebene Marke vom „persönlichen Feiertag“ auf Kosten des Urlaubs wird an Hofer und Blümel kleben bleiben. Auch weil zuvor anderes versprochen worden war.
Versprochen wurde von Bundeskanzler Sebastian Kurz auch, dass die Parteienförderung nicht erhöht wird. Jetzt wird sie das doch – und zugleich werden die Wahlkampfkostengrenze und die Grenze für die Offenlegung von Parteispenden angehoben.
Kann schon sein, dass die Regierung ob der oppositionellen Schwäche in ihrer Arbeit nachlässig wird. Wenn die handwerklichen Fehler aber zunehmen, ist der Schluss zulässig, dass sie das Geschäft nicht so versteht, wie sie vorgibt, es zu beherrschen.

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