TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Transitrekorde schaufeln Milliardengrab“, von Peter Nindler

Ausgabe vom Donnerstag, 5. Jänner 2023

Innsbruck (OTS) In der Transitpolitik auf der Brennerachse helfen keine Beruhigungspillen mehr, sondern entweder eine Mauterhöhung, ein geringeres Tonnagelimit oder die Begrenzung auf eine Million Lkw-Fahrten. Ansonsten ist auch der Brennertunnel wertlos.

Der Tiroler Landesregierung ist in der Verkehrspolitik eigentlich kein Vorwurf zu machen. Selbstverständlich macht die Opposition seit Jahren von diesem Recht Gebrauch, schließlich purzeln regelmäßig die Transitrekorde. Und 2,5 Millionen Lkw-Fahrten über den Brenner erwecken natürlich den Eindruck des politischen Versagens. In Tirol eben von Schwarz-Grün. Jetzt ist halt wieder die SPÖ mit Verkehrs­landesrat René Zumtobel am Drücker.
Mit den von Frächter-Lobbys sowie in Rom bzw. Berlin heftig kritisierten Fahrverboten in der Nacht, für schadstoffreiche Schwerfahrzeuge und für bahntaugliche Güter versucht das Land die Güter­transporte am Brenner einzubremsen. Dem steht jedoch die Machtlosigkeit auf europäischer Ebene sowie in Italien und Deutschland gegenüber. Dort wird der Binnenmarkt mit der Güterverkehrsfreiheit nach wie vor über die (gesundheitlichen) Bedürfnisse der Bevölkerung und der Umwelt gestellt.
Allerdings wird der transitgeplagten, aber trotzdem von Realismus geprägten Bevölkerung entlang der Tiroler Transitrouten wiederholt Sand in die Augen gestreut. Mit dem Brennerbasistunnel als erhofftes Transit-Allheilmittel oder zuletzt mit einem dosierten Slot- oder Bestell-System für Lkw-Transporte zwischen München und Verona. Wie das gelingen soll, sagt die Politik nicht. Für die Verlagerung auf die Schiene oder Kapazitätsobergrenzen auf der Straße gibt es nicht einmal einen rechtlich verbindlichen Rahmen. Darin liegt der große Konstruktions­fehler in der heimischen Verkehrspolitik.
9,6 Milliarden Euro kostet der Bau des 55 Kilometer langen Brennerbasistunnels, Tirol musste sich sogar mit 180 Millionen Euro an der Finanzierung beteiligen. Statt mit dem Staatsvertrag über den Tunnel auch eine Beschränkung der Transitfahrten über den Brenner zu vereinbaren, vertraut Österreich auf Absichtserklärungen. Dass diese wertlos sind, beweisen die steigenden Transitzahlen. Mit politischem Ausflugs-Tourismus wie der jüngsten „Mission to Brenner“ des europäischen Parlaments wird lediglich über die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Bahn und ihre strukturellen Probleme lamentiert, der Verursacher hingegen mit Samthandschuhen angefasst: der Straßengüterverkehr.
Deshalb benötigt es auf der Brennerachse entweder eine Begrenzung des Lkw-Transits auf eine Million Fahrten, eine deutliche Erhöhung der Maut, damit die Bahn wettbewerbsfähig wird, oder eine Reduzierung des Tonnagelimits. Alles andere sind Beruhigungspillen und die dürften letztlich zum bösen Erwachen beim Milliardengrab Brennerbasistunnel führen.

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