TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Südtiroler Watsch’ntanz“, von Peter Nindler

Ausgabe vom 23. Oktober 2018

Innsbruck (OTS) Die deutschsprachige Mitte und die italienische Rechte wurden bei den Wahlen in Südtirol gestärkt. Die Südtiroler Volkspartei hat gewonnen und zugleich verloren. Das macht die Regierungsbildung (mit der rechtspopulistischen Lega) jetzt auch so schwer.

Südtirols konservativ-liberaler LH Arno Kompatscher muss künftig wohl oder übel mit der rechtspopulistischen und europafeindlichen Lega regieren. Zugleich hat die Südtiroler Volkspartei (SVP) vor allem in den Städten wie Bozen „italienische Stimmen“ verloren und die Rechte die Wahl im Trentino gewonnen. So erfolgreich sich die deutsche Sprachgruppe gegen einen Rechtsruck gestemmt hat, in der Südtiroler Tagespolitik und in der Europaregion wird er Realität. Weil sich die Lega südlich des Brenner den Vertretungsanspruch der italienischen Bevölkerung gesichert hat.
Andererseits sind knapp 42 Prozent für eine Regionalpartei wie das Edelweiß ein ausgezeichnetes Ergebnis. Aber für die SVP, die sich als Sammelbewegung definiert, ist der neue Tiefpunkt trotzdem eine Enttäuschung. Zwischen diesen beiden politischen Gefühlsebenen muss Arno Kompatsche­r deshalb wieder Tritt fassen.
Den besonnenen Landeshauptmann mit dem unverrückbaren Bekenntnis zur dynamischen Autonomie, zu Europa und zur Mitte stärkt allerdings die Aufwertung ebendieser politischen Grundsätze durch die klare Absage an die deutschsprachigen Oppositions- und Rechtsparteien. In Anlehnung an FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache erhielten Freiheitliche und Süd-Tiroler Freiheit eine „kräftige Watsch’n“. Dass gerade sie fast schon sezessionistisch für die umstrittene Doppelstaatsbürgerschaft eintreten, spricht ebenfalls Bände. Daraus sollte die SVP ihre Schlüsse ziehen wie aus dem fulminanten Durchmarsch des sozial-liberalen Paul Köllensperger. Schließlich sind Kompatscher und Co. nicht nur für bürgerliche „Protest-Start-ups“ jenseits von rechts und links angreifbar geworden, sondern die SVP dürfte wegen des Doppel­passes wohl auch italienische Wähler vergrault haben.
Die aktuelle Herausforderung heißt jedoch Lega: hier die europafreundliche SVP, dort die nationalistische Lega. Das passt politisch nicht zusammen, muss es aber. Autonomie, Europa und Zusammenleben der ethnischen Volksgruppen – da muss die Lega drüberspringen, weil die SVP keinesfalls nur einen Millimeter davon abweichen darf. Sonst ist sie nämlich unten durch. Gleichzeitig wird Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini den Bonus bei seinen Südtiroler Wählern nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Was hat Salvini als stärkste italienische Kraft von der Oppositionsrolle in Bozen? Nichts! Und er weiß: Ein Kompromiss wird ihm am wenigsten schaden. Wenn, dann nur der Südtiroler Volkspartei. Das macht die Regierungsgespräche auch so schwer.

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