TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Schwarz-Grün muss sich neu erfinden“, von Peter Nindler

Ausgabe vom Mittwoch, 10. Juni 2020

Innsbruck (OTS) Die Grünen stecken als Koalitionspartner ebenfalls in der Krise der Tiroler ÖVP. Deshalb befindet sich die schwarz-grüne Landesregierung in einer schwierigen Phase. Ob ein Neuanfang ohne personelle Veränderungen gelingt, ist fraglich.

Es ist das politische Schlamassel der Tiroler Grünen, dass sie stets in die Schwierigkeiten ihres Koalitionspartners mit hineingezogen werden. Plötzlich stehen sie ebenfalls mittendrinnen, wenn sich die Tiroler Volkspartei wie jetzt mit der verbalen Entgleisung von Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler („widerwärtiges Luder“) herumschlägt. Oder seit Wochen mit dem „Wir haben alles richtig gemacht“-Corona-Krisenmanagement von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (VP). Von den Grünen wird Haltung gefordert, die allerdings nur schwer auszumachen ist.
Die Ökopartei kritisiert zwar einen Schritt vorwärts, um dann wieder um zwei Schritte zum Koalitionsfrieden zurückzurudern. Es werden sichtbare Konsequenzen verlangt, aber keine Rücktritte. Wer kennt sich da noch aus? Wahrscheinlich nicht einmal die Grünen selbst. Was bei der „Luder“-Affäre verschärfend hinzukommt, sind die Reibungsflächen im Natur- und Umweltschutz. Da hat Umweltreferentin LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) ohnehin ein seit Jahren durchaus konfliktgeladenes Verhältnis zu den Umweltorganisationen.
2014 sah sich die Umweltreferentin in der Tiroler Kraftwerksdebatte mit Rücktrittsaufforderungen des WWF konfrontiert. Dass NGOs mehr fordern, als für die Grünen politisch in einer Koalition mit der Tiroler ÖVP möglich ist, liegt auf der Hand. Doch Felipe kann damit nur schwer umgehen, weil sie sich stets missverstanden fühlt. Und in der Überzeugung handelt, ihr Bestes zu geben, was offensichtlich als nicht gut genug empfunden wird. Aber wie geht es jetzt weiter?
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) will endlich Ruhe haben und stabile Verhältnisse in der Koalition, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise zu überwinden. Nach dem selbstverschuldeten Querlauf in der ÖVP wächst zugleich der Druck auf die Grünen, endlich auf Veränderungen in der Regierung zu drängen. Schließlich wird ihnen immer wieder vorgeworfen, ihre Grundsätze zu verraten und Sesselkleber zu sein. Deshalb befindet sich Schwarz-Grün in einer angespannten Phase. Wohl auch deshalb, weil Günther Platter mehr denn je einen politischen Befreiungsschlag benötigt. Denn Geisler ist zu nahe am Landeshauptmann.
Schlussendlich muss sich die schwarz-grüne Regierung rasch neu erfinden. Ob das nur mit Inhalten und ohne neue Köpfe geht, ist derzeit die zentrale Frage. ÖVP und Grüne werden die Koalition nicht so einfach aufs Spiel setzen. Mittlerweile geht es jedoch um mehr und bei Platter um Führungsstärke in der Regierung. Und in der Tiroler ÖVP.

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