TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Montag, 11. März 2019, von Manfred Mitterwachauer: „Akutpatient Pflege“

Innsbruck (OTS) Ausgerechnet einigen der Vorzeigeheime für das Pilotprojekt einer einheitlichen Tarifstruktur drohen Rückzahlungen. Der Teufel steckt im Detail. Generell haben Bund wie Länder die Brisanz des Themas Pflege erkannt. Bleibt die Frage der Abstimmung.

Bis Ende 2019 will Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) den „Masterplan Pflege“ auf den Boden bringen. Ein Konzept und die dazugehörigen Gesetzesvorlagen sollen dann vorliegen. Also mehr als die Ende des Vorjahres von der schwarz-blauen Bundesregierung dazu ventilierten Überschriften, die dem Generalmotto „Pflege daheim vor stationär“ folgen. Viel war da von Qualitätssiegeln, Imagekampagnen und dergleichen mehr die Rede. Die Beantwortung der zentralen Frage der künftigen Finanzierung des Pflegesystems blieb ausgespart.
Das Land ist mit seinem Strukturplan Pflege (2012–2022) einen Schritt weiter. Er wird bereits umgesetzt und wird derzeit evaluiert. Mit den Nachjustierungen hätte das Land bereits im November fertig sein wollen. Doch die Materie ist komplex und die Verzögerung nicht wegzureden. Speziell in den Bereichen Kurzzeit- und Tagespflege, betreutes Wohnen und mobile Pflege gilt es, über Plan auszubauen. Parallel dazu wurde das Mammutprojekt der Vereinheitlichung der Kosten- und Tarifstrukturen in den 89 Tiroler Wohn- und Pflegeheimen angegangen. Das erste Testjahr ist beendet, die zweite Stufe gezündet. Ab dem Jahr 2020 sollen alle Heime gemäß der „Tagsatzkalkulation neu“ ihre Betriebe führen. Freiwillig haben sich 22 Pilotheime hierfür in die Auslage gesetzt. Dass einige von ihnen nun mit unerwarteten Rückzahlungsaufforderungen seitens des Landes konfrontiert sind, versetzt dem notwendigen Systemumbruch einen – hoffentlich nur kleinen – Dämpfer. Dem Land muss der tarifliche Feinschliff rasch gelingen, will es diese Reform und den bis dato erzielten Konsens aller Systemträger ob des eingeschlagenen Weges nicht gefährden. Die Anzeichen stimmen aber positiv.
Allgemein gewinnt man jedoch den Eindruck, dass in Sachen Pflege derzeit ein jeder irgendwie vor sich her werkelt. Der Bund schraubt hier, die Länder drehen dort: Ob am Ende der Masterplan des Bundes mit den Initiativen auf Länder­ebene harmoniert, wird ein noch genau zu beobachtender handwerklicher Kunstgriff sein. Wer beispielsweise das Pflegegeld nicht in allen Stufen erhöht, wird kaum pflegende Angehörige als Stütze des Systems entlasten. Wer es nicht schafft, den Pflegeberuf zu attraktivieren, darf sich nicht wundern, wenn die Sparte alljährlich auf der Mangelberufsliste aufscheint.
Auf der politischen Agenda bei Bund wie Ländern wird die Pflege als Akutpatient geführt. Jetzt braucht es aufeinander abgestimmte Rezepte, damit daraus kein Dauerpatient wird.

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