TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Mittwoch, 23. Dezember 2020, von Peter Nindler: „Spitäler benötigen Milliarden-Impfung“

Innsbruck (OTS) Nicht nur wegen der Corona-Pandemie stoßen Österreichs Spitäler an die Grenzen der Finanzierbarkeit. Deshalb sind Reformen notwendig. Doch das Gesundheitssystem hat in der Krise standgehalten, das sollte rasch honoriert werden.

Koste es, was es wolle. Zu Beginn der Corona-Krise politisch ein geflügeltes Wort, wird es zehn Monate später Buchstabe für Buchstabe filetiert. Weil schließlich nicht der liebe Gott den Bankomaten mit Milliarden befüllt. Zuletzt musste Finanzminister Gernot Blümel (VP) erst auf massiven Druck der Gemeinden und Länder seine Schatulle für 2021 öffnen. 500 Millionen Euro frisches Geld erhalten die Kommunen, dazu noch einen Liquiditätsvorschuss von einer Milliarde Euro. So sehr der Blick seit Wochen auf die Krankenhäuser und die Intensivstationen gerichtet ist: Dort wird es richtig ins Geld gehen. Doch von der geforderten Spitalsmilliarde sind die heimischen Krankenhäuser noch weit entfernt.
Die dramatischen Auswirkungen der Pandemie treffen freilich auf seit Jahren vernachlässigte Reformen im stationären Bereich. Beides geht ins Geld und droht mit Corona endgültig aus dem Runder zu laufen. So verzeichneten Tirols Krankenhäuser im Vorjahr ohne Virus einen Betriebsabgang von 95,5 Millionen Euro, für heuer werden rund 160 Mio. Euro erwartet und 2021 könnten es laut Gesundheitsfonds sogar 188,3 Mio. Euro sein. Ein Drittel davon ist auf Corona-bedingte Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben zurückzuführen.
Wie sich das für die Krankenanstalten ausgehen soll, weiß derzeit noch niemand. Vielmehr lässt der Bund die Länder an der ausgestreckten Hand verhungern, die ordentliche Finanzierung der Spitäler wird wieder auf die lange Bank geschoben. Obwohl es gerade die Mitarbeiter in den Spitälern sind, die vielerorts einen lebenserhaltenden 24-Stunden-Job erfüllen und an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen.
Außerdem hat Österreichs Gesundheitssystem in den vergangenen Monaten den medizinischen Herausforderungen standgehalten, in Tirol erhalten sie dafür rund 91,1 Mio. Euro. Der Bund windet sich weiterhin und „verländert“ die finanziellen Belas­tungen. „Koste es, was es wolle“ wurde zwar in Wien entschieden, in Vorlage müssen trotzdem die Länder treten. Schlussendlich wird eine transparente und leistungsorientierte Spitalsfinanzierung eine der zentralen Lehren aus der Corona-Pandemie sein. Und da geht es nicht darum, wie viele Spitalsbetten eingespart, sondern wie genügend Kapazitäten in den Krankenhäusern flexibel vorgehalten und finanziert werden können. Zuerst benötigt es rasch Finanzspritzen, aber schon bald Zukunftsstrategien, um Versorgungssicherheit, Spitzenmedizin und ausreichend Personal dafür zu gewährleis­ten. An dieser Aufgabe wird auch Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) gemessen werden.

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