TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Mittwoch, 18. März 2020, von Mario Zenhäusern: „Fehler-Analyse“

Innsbruck (OTS) Ischgl und Tirol haben auf die Corona-Krise zu spät reagiert, andere Entscheidungsträger auch. Das aufzuarbeiten, ist Aufgabe einer schonungslosen Manöverkritik. Vorrangig geht es jetzt aber darum, die Krise zu meistern.

Die Corona-Krise ist für uns alle eine große Herausforderung. Nicht nur für die Menschen im Land, die in Angst vor einer Infektion leben müssen und gezwungen sind, ihr Leben auf unbestimmte Zeit grundlegend zu ändern. Das viel gepriesene heimische Gesundheitssys­tem droht durch die weitere Verbreitung des Virus an seine Kapazitätsgrenzen und im Ernstfall auch darüber hinaus zu gelangen. Die Wirtschaft muss mit Milliardenverlusten rechnen. Tausende Arbeitnehmer zittern um ihren Job. Die Bundesregierung hat zwar ein vier Milliarden Euro schweres Hilfspaket geschnürt, um allen Betroffenen rasch und unbürokratisch helfen können. Greift das Virus allerdings weiter so rasant um sich, wird diese Summe nicht ausreichen.
Politikern kommt in dieser heiklen Situation eine besondere Rolle zu. Von ihnen verlangt die Bevölkerung zu Recht, dass sie erstens rasch und zweitens richtig entscheiden, keine Panik auslösen und die Öffentlichkeit gleichzeitig auch noch transparent und möglichst umfassend informieren. In diesem Licht betrachtet, war der Auftritt von Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg am Montagabend in der Zeit im Bild 2 alles andere als glücklich. Der Stehsatz „Die Behörden haben alles richtig gemacht“ als Antwort auf sämtliche Fragen rund um die Häufung von Corona-Infektionen in Tirol ist definitiv zu wenig. Vor allem für jene, die sich hier infiziert haben oder die unter den weitreichenden Einschränkungen zu leiden haben.
Ganz offensichtlich sind bei der Einschätzung der Corona-Krise Fehler passiert, und zwar auf allen Ebenen und in nahezu jedem Staat. Die Betroffenen vor Ort schlugen die Warnungen in den Wind, die Wissenschafter zogen aus den Erfahrungen in anderen Staaten nicht die richtigen Schlüsse, Behördenvertreter und eben auch Politiker verließen sich zu sehr auf die Wissenschaft. Warum kann man das nicht zugeben? Warum kann ein Politiker nicht eingestehen, die Gefährlichkeit der Situation aufgrund vorliegender Expertenmeinungen unterschätzt zu haben? Glaubwürdiger als ein simples „Die Behörden haben alles richtig gemacht“ klänge das allemal.
Ischgl, Tirol, Österreich, Europa, ja die ganze Welt hat erst mit Verspätung auf die Corona-Krise reagiert. Dieser Fehler wird in einer schonungslosen Manöverkritik aufzuarbeiten sein. Später. Denn jetzt geht es vorrangig darum, die aktuelle Krise zu meistern. Da gibt es noch sehr lange sehr viel zu tun.

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