TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „LehrerIn – Traum- oder Albtraumjob?“, von Anita Heubacher

Ausgabe vom Donnerstag, 4. Mai 2023

Innsbruck (OTS) An den Schulen fehlt es nicht „nur“ an Lehrern, sondern auch an unterstützendem Personal von der Assistentin für Schulleiter bis hin zu Schulpsychologen. Der Mangel an Lehrkräften hat auch mit der Attraktivität des Jobs zu tun.

Bildungsminister Martin Polaschek ist sich schon einmal sicher. Lehrkraft ist ein „Klasse Job“. Unter diesem Titel hat der ÖVP-Minister um 600.000 Euro eine Imagekampagne und dann im Herbst die „größte Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik“ gestartet. Neben einer Weiterentwicklung der Ausbildung soll eine „neue Erzählung von Schule“ helfen, neue Zielgruppen für den Lehrerberuf zu finden, und damit den Lehrkräftemangel lindern. Gar so „klasse“ haben diese Werbeoffensive viele im System Verankerte nicht gefunden.
Österreich leistet sich ein teures Bildungssystem, dessen Effizienz zu wünschen übrig lässt. 18 Prozent der SchülerInnen können am Ende der Schulpflicht nicht einmal einfache Texte lesen. Jahrzehntelang wurde Bildung in Österreich zu allererst ideologisch und wenig wissenschaftlich diskutiert. Eine breite Bildungsdebatte gab es schon gar nicht. In den letzten Wahlkämpfen war Bildung nicht ansatzweise ein Thema.
Dabei gebe es Handlungsbedarf genug. Wie in allen Berufen tut die Biologie das Ihrige, um den Lehrkräftemangel zu verstärken. Die Babyboomer gehen in Pension, zu wenig junge PädagogInnen kommen nach. Das war absehbar. War früher das Lehrer­dasein ein angesehener Beruf, der noch dazu den Vorteil von Home-Office für sich schon sehr früh nutzte und etliche Urlaubswochen brachte, haben das Image und der Ruf des Berufsstandes auch deshalb arg gelitten. So wie die Reputation der meisten Berufsgruppen, möchte man einwerfen, vom Journalisten bis zum Politiker.
Warum es eine überschaubare Anzahl von Quereinsteigern oder jungen Menschen in die Pädagogik zieht, hat auch etwas mit der Attraktivität des Jobs zu tun. Zu wenig Aufstiegsmöglichkeiten, zu wenig Gestaltungsspielraum und vermutlich auch eine Ausbildung, die dem heutigen Anforderungsprofil hinterherhinkt. Es werden so viele gesellschaftliche Konfliktfelder in die Schule ge- und dort ausgetragen, dass es neben der Pädagogik wohl auch Unterstützung aus anderen Berufsgruppen bräuchte. Die Schulpsychologie sei hier als ein Beispiel erwähnt, für die sich die Schultore öffnen müssten. Es ist aber auch die Assistentin für SchulleiterInnen gemeint oder Verwaltungspersonal, um Lehrer für das freizuspielen, worin sie hoffentlich gut sind: für das Unterrichten.
Schule muss sich endlich bewegen. Für die Eltern, deren Ansprüche gestiegen sind, für die SchülerInnen, die fürs Leben lernen, und für die PädagogInnen, die einen sehr sinnstiftenden Job haben, den man sie auch machen lassen sollte.

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