TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Koalitionäre in zwei Welten“, von Manfred Mitterwachauer

Ausgabe vom 5. Dezember 2017

Innsbruck (OTS) - Am Beispiel der neuen Mindestsicherung zeigt sich der sozialpolitische Dissens innerhalb der Tiroler Koalition am deutlichsten. Wie tief dieser Graben vor der Landtagswahl noch wird – das könnte auch in Wien mitentschieden werden.

Geht es nach dem Sozialpolitischen Arbeitskreis (SPAK) Tirol, dann wartet heute Abend auf die schwarz-grüne Regierung in Sachen neuer Mindestsicherung nicht der Nikolaus, sondern ein rutenschwingender Krampus. Zudem hat der SPAK für die Koalition noch 20 Türchen im „Adventkalender des Schreckens“ übrig. Hinter jedem versteckt sich ein Mindestsicherungsschicksal. Damit will der SPAK das schaffen, was ihm vor dem 1. Juli nicht einmal mit einer geharnischten Stellungnahme im Begutachtungsverfahren zum neuen, verschärften Mindestsicherungsgesetz gelungen ist: die Koalition wachzurütteln. Trotz hart geführter Debatte haben ÖVP und Grüne damals die Reform im Landtag durchgeboxt. Der Alleingang war auch fremdbestimmt – weil eben die Versuche auf Bundesebene, österreichweit einheitliche Mindestsicherungsstandards zu etablieren, nach zähem Ringen doch gescheitert sind. Das pekuniäre Sozialgefälle, das in der Folge zwischen den Bundesländern im Raum stand und Kritiker den – teilweise berechtigten – Geist des „Sozialtourismus“ beschwören ließ, wollte dann aber letztlich auch das schwarz-grüne Duo nicht unbeantwortet lassen. Und legte der Mindestsicherung neue Fesseln an.
Jetzt, da alle Parteien in den Startlöchern für den Landtagswahlkampf stehen und die ersten Folgen der Mindestsicherung neu auf dem Tisch liegen, ist die koalitionäre Harmonie in der Sozialpolitik am Bröseln. Schwarz und Grün trennen in diesem Bereich wieder jene Welten, die beide lange vor dem Regierungsgelübde 2013 für unvereinbar hielten. Mit der Forderung nach einer Anhebung der Mindestsicherungshöchstsätze beim Wohnen wollen und müssen die Grünen Flagge zeigen. Die ÖVP sagt Nein und will die Grünen am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Das Thema Transitverkehr hat ihnen LH Günther Platter bereits abspenstig gemacht. Jetzt stehen die Sozialagenden auf dem Spiel.
Wie tief dieser Graben vor der Landtagswahl noch wird – das könnten auch die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ in Wien mitentscheiden. Kommt Schwarz-Blau, scheint eine einheitliche Mindestsicherung paktiert. Das würde der Forderung von LH Günther Platter entsprechen. Mit Sicherheit würden aber dann die Tiroler Standards noch einmal gedrückt. So hätten die Grünen ein komfortables Wahlkampfthema. Eines, das trotz aller koalitionärer Liebe klar zeigen müsste, was ÖVP und Grüne (wieder) trennt.

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