TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Im Auftrag des Landes, aber nicht 08/15“, Ausgabe vom 26. Mai 2021 von Peter Nindler.

Innsbruck (OTS) Wieder einmal wurde eine öffentliche Ausschreibung erfolgreich beeinsprucht. Pikanterweise betrifft es den Neubau des MCI. Generell sind Ausschreibungen für die öffentliche Hand Minenfelder, umso wasserdichter sollten sie sein.

Der Neubau des Management Centers Innsbruck (MCI) ist schon längst ein Politikum und darüber hinaus ein Streit zwischen Architekten und dem Land Tirol. Politisch umstritten, weil seinerzeit Land und Stadt Innsbruck den Bau kleingerechnet haben und wegen der drohenden Kosten­explosion im Sommer 2018 die Notbremse gezogen werden musste. Unverständlich hingegen nicht nur für die betroffenen Architekten, sondern für ihre gesamte Standesvertretung. Zwar wurde zu den budgetierten 80 Mio. Euro angeboten, aber die Architektur genießt für sie selbstredend Vorrang.
Der Konflikt hat sich jedoch bei der Neuausschreibung Ende 2019 fortgesetzt. Im Wissen um die breite Ablehnung des „wettbewerblichen Dialogs“ durch die Architekten kassierte das Land jetzt eine bittere Niederlage. Der Verfassungsgerichtshof gab der Beschwerde einer Bietergemeinschaft Recht und das Land muss – nach bereits erfolgter Auftragsvergabe des mehr als 100 Millionen Euro schweren „Totalunternehmervertrags“– beweisen, dass alles seine Richtigkeit gehabt hat. Allerdings wurde bei der geforderten Nachprüfung gegen Unionsrecht verstoßen. Man wird sehen, wie das Land aus dieser Nummer herauskommt. Wenn nicht, sind die politischen Folgen noch nicht absehbar.
Auftragsvergaben sind generell Minenfelder, besonders für die öffentliche Hand. Schließlich vergibt sie die lukrativsten und kos­tenintensivsten Vorhaben. Das ist beim MCI nicht anders als beim Bau des Brennerbasis­tunnels. Oder bei der neuen Patscherkofelbahn. In regelmäßigen Abständen wurde die Politik, die dafür die Letztverantwortung trägt, in den vergangenen Jahren durchgeschüttelt. Dass Ausschreibungen heute schon aus Prinzip angefochten werden, gilt mittlerweile als alltäglicher Akt. Zu viel Geld ist im Umlauf, als dass dies der Konkurrenz gegönnt wird. Beim MCI kommt noch die Vorgeschichte des Planungsstopps dazu.
Die zu erwartenden Anfechtungen sind das eine, die Verfahren zu verlieren, die eigentliche Blamage. Wer, wenn nicht die öffentlichen Gebietskörperschaften, kann sich Heerscharen an Juristen und Experten leisten? So gesehen sollte alles wasserdicht sein. Dazu gehört freilich die begleitende Kontrolle. Da haben Landes- und Stadtregierung beim ersten MCI-Anlauf komplett versagt. Weil das ursprüngliche Projekt den Kostenrahmen gesprengt und die Politik nicht entsprechend reagiert hat. Ähnlich verhielt es sich am Patscherkofel, wo die Kostenkontrolle völlig aus den Fugen geraten ist.
Bei Ausschreibungen steht zu viel am Spiel: Verzögerungen, mögliche Mehrkosten und die Reputation. Das sollte Bund, Ländern, Städten und Gemeinden bewusst sein.

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