TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Freitag, 29. Dezember 2017, von Michael Sprenger: „Es grünt nicht mehr so grün“

Innsbruck (OTS) 2017 war für die Öko-Partei ein Jahr der Niederlagen. Gelingt es ihr, sich bei den kommenden Landtagswahlen zu stabilisieren, ist ein Comeback auf Bundesebene vorstellbar. Doch die Aussichten sind düster.

Mehr als 30 Jahre gehörten die Grünen zum bestimmenden Bild der Innenpolitik. Damals, 1986, sorgten sie für frischen Wind, sahen sich als Avantgarde im parlamentarischen Betrieb. Mit den Jahren etablierten sie sich als wichtige Oppositionspartei. Zweimal waren sie nahe dran, Regierungsverantwortung zu übernehmen. 2002 scheiterten sie an ihren Grundsätzen – und an den Machtspielen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der letzten Endes lieber mit der massiv dezimierten FPÖ weiterkoalieren wollte. Vier Jahre später fehlte ihnen der Mut, mit der SPÖ eine Minderheitsregierung zu bilden.
Und jetzt soll alles vorbei sein? Der Schock nach dem Wahldebakel vom 15. Oktober sitzt noch tief. Der Absturz am Wahltag war vorhersehbar, weil selbstverschuldet. Dass die Grünen jedoch an der Hürde für den Wiedereinzug scheiterten, sorgte dann doch für eine große Überraschung. Die Gründe für das Fiasko sind vielschichtig. Dass die Grünen fehlen, ist bereits evident. Nutznießerin davon ist die neue Bundesregierung.
Für die gescheiterte Öko-Partei ist dies nicht einmal als schlechter Trost geeignet. Denn was Ingrid Felipe, Ulrike Lunacek und Co. im Vorfeld der Nationalratswahl nicht wahrhaben wollten, ist jetzt klar sichtbar: Es geht im kommenden Jahr um das politische Überleben.
Die anstehenden Landtagswahlen sind schicksalhafte. Die Ausgangsposition ist ernüchternd. Das wissen auch die Grünen: Weder in Niederösterreich noch in Tirol, Kärnten und Salzburg ist mit Zugewinnen zu rechnen. Es geht vielmehr darum, einen Absturz zu vermeiden. In Niederösterreich ist dabei die Fallhöhe noch am geringsten. Dort ist ein Wähleranteil von acht Prozent zu verteidigen. In Tirol, Kärnten und Salzburg droht hingegen der Rauswurf aus der jeweiligen Landesregierung – in Kärnten, wo sich die Grünen zuletzt auch in internen Streitigkeiten kräftig übten, sogar der Abschied aus dem Landtag.
Sollte dieser Fall eintreten, wäre dann selbst ein blauer Landeshauptmann nicht mehr auszuschließen. Für die Grünen ein regelrechter GAU, wenn jene Partei, die für die Aufklärung des milliardenschweren Hypo-Skandals sorgte, aus dem Landtag fliegt und Jörg Haiders politische Erben dort die Macht wieder übernehmen. Mag sein, dass mancherorts ein grünes Desaster Freude auslöst, für die politische Kultur im Lande wäre es zum Weinen.

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