TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Freitag, 14. April 2017, von Floo Weißmann: „Der Unberechenbare“

Innsbruck (OTS) - Zwölf Wochen nach Amtsantritt überrascht der neue US-Präsident mit politischen Kehrtwenden. Wofür er inhaltlich wirklich steht und was als nächstes kommt, bleibt völlig offen.

Donald Trump hat schon im Wahlkampf seine politischen Positionen immer wieder geändert. Doch was der neue US-Präsident nun binnen einer Woche abgeliefert hat, ist selbst für seine Verhältnisse erstaunlich: Syrien, Russland, NATO, China – auf mindestens vier wichtigen außenpolitischen Feldern hat er eine Kehrtwende vollzogen oder zumindest angedeutet. Dazu die innenpolitischen Volten, die hierzulande weniger Schlagzeilen machen, aber ins Bild passen. Für Trumps neue Positionen gilt dasselbe wie für die alten: Sie existieren zum größten Teil nur in Form von einzelnen, oft spontan und phrasenhaft wirkenden Aussagen, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Politische Konzepte und eine einheitliche Linie seiner Administration fehlen.
Vorerst spricht wenig dafür, dass Trump sich zwölf Wochen nach Amtsantritt systematisch neu erfindet, also mit Plan und Ziel. Eher wirkt er wie ein Getriebener. Einer, den die politischen Realitäten in Amerika und im Rest der Welt eingeholt haben und der nun eilig neue Sprünge vollführt, um dem Heer der Trump-Deuter wieder für ein paar Tage zu enteilen. Das Kalkül oder der Impuls hinter den einzelnen Kehrtwenden mag von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Es gibt aber Faktoren, die wohl überall hineinspielen. Die schlechten Umfragewerte nach einem miserablen Start in die Präsidentschaft verlangen nach einer Neuausrichtung. Im Ringen darum sollen sich nun die liberaleren Köpfe unter Trumps Beratern zunehmend gegen die rechtsnationalen Ideologen durchsetzen. Sie dürften den Angriff in Syrien empfohlen haben, der Trump erstmals über seine treue Fangemeinde hinaus Beifall beschert hat.
Die Berichte über einen Machtkampf im Weißen Haus verstärken den Eindruck, dass Trump selbst weder konkrete politische Vorstellungen noch seine Administration im Griff hat. Letztlich kann wohl niemand genau sagen, wofür dieser Präsident inhaltlich steht und was als nächstes kommt. Wohlmeinende Kommentatoren mögen ihm dies als Taktik auslegen. Immerhin hatte Trump schon in den achtziger Jahren in einem Buch die Unberechenbarkeit als Mittel gepriesen, um gute Deals zu erreichen. Auch im Wahlkampf verkaufte er sich als König der Dealmaker. Doch nun geht es nicht um Immobilien, sondern um Krieg und Frieden und um die Weltwirtschaft. Immerhin eine Parallele scheint sich anzubieten: Als Unternehmer hat Trump mehrfach Konkurs angemeldet. Als Politiker scheint er nun auch mit etlichen Konzepten pleitegegangen zu sein.

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