TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Freitag, 13. Oktober 2017, von Michael Sprenger: „FPÖ in der Komfortzone“

Innsbruck (OTS) Heinz-Christian Strache kann sich nicht nur auf einen sorgenfreien Wahlsonntag einstellen – er wird auch
nach der Wahl eine Schlüsselfigur sein. Eine neue Rolle für die Führungsfigur der europäischen Rechten.

April 2005. Wer kann sich noch daran erinnern? Jörg Haider, der Vater des Aufstiegs der FPÖ von einer Kleinpartei zur mittelgroßen Kraft, spaltete die Blauen. Gemeinsam mit seinen Getreuen und den FPÖ-Ministern auf der schwarz-blauen Regierungsbank gründete er das BZÖ. Bei Journalisten und Experten herrschte damals eine weit verbreitete Meinung vor: Die FPÖ unter Heinz-Christian Strache wird von der politischen Bildfläche verschwinden – oder als Sektiererpartei ihr Dasein fristen. Welch ein Irrtum.
Oktober 2017. Das BZÖ ist längst Geschichte, die FPÖ unter Strache ist drauf und dran, am Sonntag das blaue Rekord-
ergebnis des Jahres 1999 einzustellen. Damals wurde die FPÖ mit 26,9 Prozent knapp zweitstärkste Partei. Haider machte die Wahlverliererin ÖVP (damals auf Platz drei) trotzdem zur Kanzlerpartei.
Wiederholt sich die Geschichte? Vielleicht in Ansätzen. Nur die Ausgangslage hat sich für die FPÖ geändert. Strache wird als einziger Spitzenkandidat einen sorgenfreien Sonntag verleben. Egal wie die Wahl ausgeht – seine Partei befindet sich in einer Komfortzone. Entweder die Rechtspopulisten sind ab der ersten Hochrechnung in der Rolle des Kanzlermachers oder – auch das ist möglich – sie gehen sogar als stimmenstärkste Partei aus der Wahl hervor.
Bleiben wir zuerst bei der wohl realistischeren Variante des Kanzlermachers. Die von Hass geprägte Entfremdung zwischen SPÖ und ÖVP sorgt dafür, dass Strache diese Situation ausreizen wird. Er kann – je nach Wahlergebnis – bei Regierungsverhandlungen Rot und Schwarz gegeneinander ausspielen. Was kann der Führungsfigur der europäischen Rechten Besseres passieren? Rot und Schwarz wollen und können nicht mehr miteinander. Jede der beiden Noch-Regierungsparteien will den Koalitionspartner demütigen. So etwas hat seinen Preis – und der wird von der FPÖ bestimmt.
Was passiert, wenn die FPÖ stimmenstärkste Partei wird? Jedenfalls, so ihre Lehre aus Schwarz-Blau unter Wolfgang Schüssel, den Kanzlersessel wird die FPÖ einem schwächeren Partner nicht mehr überlassen. Gut, es wird dann wohl keinen Kanzler Strache geben. Denn weder die Schwarzen noch die Roten wollen Juniorpartner der FPÖ sein.

Für Strache ein Pyrrhussieg? Nein. So treibt er bloß Rot und Schwarz in ein neuerliches Bündnis. Für die Blauen ein Elixier des Wachstums.

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