TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Fisch und Fleisch kann man nicht sein“, von Karin Leitner

Ausgabe vom Donnerstag, 22. Oktober 2020

Innsbruck (OTS) Jo-Jo-Effekt in Blau: Wieder einmal sind die Freiheitlichen im Tief angelangt. Eine stringente Strategie, wie sie aus diesem kommen, haben sie nicht. Sie setzen auf Verharmlosung der Corona-Pandemie.

Steil ist es mit den Blauen einst nach oben gegangen, dann nach unten. Der Aufstieg unter Jörg Haider. Unter seiner Führung auch der Fall. Der Aufstieg unter Heinz-Christian Strache. Unter seiner Führung auch der Fall. Nach der Ibizerei des Obmannes, der mit der ÖVP im Regierungsbund war, hat die FPÖ bei jeder Wahl viel verloren. Auf dem Tiefpunkt ist sie jetzt in Wien. Von 30,8 Prozent hat sie auf 7,1 Prozent abgebaut, liegt gar hinter den NEOS. Und so wird nach einer Strategie gesucht, um erneut politisches Terrain zu gewinnen. Schon unter Haider haben sich die Freiheitlichen als „Vertreter des kleinen Mannes“ bezeichnet, haben Privilegien von g’stopften Politikern und Kämmerern beklagt. Ausspruch und Anspruch gingen mit der Realität oft nicht konform. „Robin Hood Haider“ verursachte eine Hypo-Alpe-Adria-Pleite, unter der alle Steuerzahler noch heute leiden. Straches Hybris in der Balearen-Finca und seine Spesen-Exzesse offenbarten neuerlich die Diskrepanz. Die Glaubwürdigkeit der Blauen bei einer gewissen Klientel ist einmal mehr dahin.
Inhaltlich ist ihnen ebenfalls längst etwas abhandengekommen. Die ÖVP von Sebastian Kurz hat sich auf ihr Kernthema gesetzt. Mit „freundlicherem Antlitz“ agiert sie gegen Ausländer und Flüchtlinge. Als „Rechtspartei mit Anstand“ qualifizieren sich die von Schwarz auf Türkis umgefärbten Kurzianer. Damit ist auch der Populismus Marke Haider perdu.
Wo verorten sich die Blauen nun, angesichts dessen, dass ihnen die ÖVP den bisherigen Platz streitig macht? Und wo wollen sie hin? Dahingehend gibt es nach wie vor zwei Denkschulen innert der „freiheitlichen Familie“: Hier jene, die auch im Bund wieder an der Macht sein wollen, „Bürgerliche“ zu lukrieren trachten. Mit – für FPÖ-Verhältnisse – moderaterem Auftritt. Wie Parteichef Norbert Hofer und Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner. Da jene, die Regierende Mores lehren wollen. Mit Brachialrhetorik. Wie Klubchef Herbert Kickl – und derart auf Zuspruch hoffen. Dieser Paarlauf in Form der Doppelspitze funktioniert aber nicht. Fisch und Fleisch kann man nicht sein. Wissend darum hoffen die FPÖler, das vergessen zu machen – und bei Pandemie-Müden zu punkten. Die Überwachungspartei des einstigen Innenministers Kickl entdeckt wieder die „Freiheit der Bürger“ – und findet die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus überzogen. Sich vor allem so politisch sanieren zu wollen, demaskiert. Dieses Konzept geht hoffentlich nicht auf.

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