TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Donnerstag, 30. August 2018, von Peter Nindler: „Ein Denkzettel, der sich gewaschen hat“

Innsbruck (OTS) Die Affäre um Dominik Schrott schwächt nicht nur die Tiroler ÖVP, sondern zeigt auch die Bruchlinien in der Partei auf. Außerdem wurde der Ex-Nationalrat jahrelang wohlgelitten, weil er im Windschatten von Sebastian Kurz strampelte.

Wie steht es um die Tiroler Volkspartei nach der Affäre um den mittlerweile zurückgetretenen Nationalratsabgeordneten Dominik Schrott? Als dominante Kraft im Land hat sie eine Transparenz- und Glaubwürdigkeitsdebatte am Hals, die sich gewaschen hat. Weil es ja nicht so ist, als ob Schrott in den vergangenen Jahren innerparteilich am Rand gestanden wäre. Vielmehr haben sich er und seine Getreuen in der Jungen Volkspartei (JVP) gezielt in die Mitte der Partei vorgearbeitet. Deshalb stellte die JVP offensiv den Anspruch auf Mandate und Funktionen auf allen politischen Ebenen. So hat Schrotts Vize und (ebenfalls) Vorzugsstimmenkaiser im Bezirk Schwaz, Dominik Mainusch, nach der Landtagswahl im Februar sofort den Führungsanspruch im der Bezirkspartei angemeldet.
Wegen Schrotts aggressiven und schon damals umstrittenen Vorzugsstimmen-Wahlkampfs hätte ÖVP-Parteichef und Landeshauptmann Günther Platter bereits im Vorjahr die Reißleine ziehen können. Der gefakte Unterstützungsbrief von Sebastian Kurz vor der Nationalratswahl war schließlich nicht von schlechten Eltern. Aber das bewusste Wegschauen passte in die damalige Gesamtstrategie:
Wohlgelitten von der Partei, verbündeten sich nämlich schon im Jahr zuvor Arbeitnehmerbund AAB, die Junge Volkspartei und die Frauen für die Gemeinderatswahlen 2016. Sie stützten sich gegenseitig, um in den Gemeindeparlamenten bessere Chancen zu haben.
Schlussendlich wollte es sich die Tiroler VP nicht mit einem engen Vertrauten ihres neuen Säulenheiligen Sebastian Kurz verscherzen. Wenn es Schwarz oder Türkis nützt, nimmt man Schrott gerne in Kauf, lautete die gängige Sprachregelung. Oder einfach gesagt: Der Zweck heiligt die Mittel.
Überdies wird parteiintern jetzt Schmutzwäsche gewaschen, die Nähe von AAB und Dominik Schrott besonders hervorgestrichen. Auch bei der Landesförderung für dessen Kinderverein. Damit werden die Bruchlinien in der ÖVP, die es allgemein im Verhältnis zur Bundespolitik Türkis-Blau oder in den heiß diskutierten Themen wie Boden- und Widmungspolitik gibt, nur noch sichtbarer. Die Wien-kritischen Arbeitnehmer sind plötzlich der Reibebaum. Gleichzeitig hatte die Bundes-ÖVP den Tirolern signalisiert, dass Schrott ihr Problem ist. Und ihnen damit klar zu verstehen gegeben, dass sie mit der befleckten Weste künftig wohl etwas leiser Richtung Bundespolitik auftreten sollten.
Alles in allem ein Denkzettel für die Tiroler ÖVP.

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