TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Die Wasser-Kraftprobe“, von Peter Nindler,

Ausgabe vom Dienstag, 15. November 2022

Innsbruck (OTS) Die notwendige Energiewende ist eine umweltpolitische Gratwanderung. So leicht „raus aus Öl und Gas“ dahingesagt wird, im naturverträglichen Ausbau der Wasserkraft, in der Photovoltaik und in der Windkraft steckt ungemein viel Konfliktpotenzial.

Der von der Tiroler Volkspartei energisch forcierte und von der SPÖ unterstützte Ausbau des Kraftwerks Kaunertal zu einem Pumpspeicherkraftwerk dürfte eine der großen Kraftproben der schwarz-roten Landesregierung mit den Umweltinitiativen und den NGOs im Land werden. Politisch gibt es mit der FPÖ und den NEOS jedoch Flankenschutz, einzig Liste Fritz und Grüne schlagen sich schon seit Jahren auf die Seite von WWF und Co. Wobei die grünen „Umweltfighter“ als Regierungspartei noch viel handzahmer bzw. abwartender waren als im Wahlkampf oder augenblicklich auf der Oppositionsbank.
Nachdem der Streit ums Ötztaler Wasser entschieden ist, das für die Ableitungen ins Kaunertal benötigt wird, geht es jetzt um die Frage, wie der umweltrelevante Grenzwall für die Energiewende festgelegt wird. Deshalb erhalten die Pläne des Landesenergieversorgers Tiwag im Kaunertal eine Symbolkraft, die weit über den Ausbau der Wasserkraft hinausstrahlt. 80 Prozent des Wassers aus dem Ötztal sollen abgeleitet und ein Speicher mit einem 120 Meter hohen Staudamm im Platzertal soll errichtet werden. Dort, wo sich derzeit ein ökologisch wertvolles Hochmoor ausbreitet.
Erneuerbar, aber naturverträglich definiert die Gratwanderung, bei der sowohl die Politik als auch die NGOs Kante zeigen müssen. Wobei sich das Land naturgemäß auf die Interessenabwägung in der Umweltverträglichkeitsprüfung zurückziehen wird, während die Umweltorganisationen mit ihrer Kaunertal-Erklärung nicht erst seit heuer auf einen endgültigen Projekt-Stopp drängen. Doch die geplante Erweiterung des Kaunertalkraftwerks markiert lediglich die öffentlichkeitswirksamste Zuspitzung in der Energiedebatte.
Die fast schon pharisäerhafte Diskussion über Windkraft in Tirol, in der Populismus („Warum gibt es noch keine Windräder im Land?“) die Vernunft („Sind überhaupt ökologisch und wirtschaftlich sinnvolle Standorte vorhanden?“) schlägt, wird spätestens mit dem ersten (umstrittenen) Vorhaben in ein Stadium der erbitterten Auseinandersetzung treten. Ganz zu schweigen von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen. Dafür wurde in Stans sogar eine landwirtschaftliche Vorrangfläche geopfert. Im öffentlichen Energie-Interesse. Darin steckt enormes Konflikt-Potenzial, schließlich gilt Freiland als ideale Fläche für die Nutzung von Sonnenstrom.
Die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern hat ihren Preis. Und sie fordert die Politik heraus. Denn allein mit „raus aus Öl und Gas“ ist es nicht getan. Jedenfalls muss Schwarz-Rot mit der Energieautonomie sein umweltpolitisches Krisenmanagement unter Beweis stellen.

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