TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Das Geschäft mit der Gefahr“, von Benedikt Mair

Ausgabe vom Mittwoch, 8. Februar 2023

Innsbruck (OTS) Die Lust auf Abenteuer, damit lässt sich Geld verdienen – wissen auch Tirols Touristiker. Werbebilder zeigen Skitouren in steilen Hängen und Abfahrten im Tiefschnee. Das konterkariert die Bemühungen, vor Lawinen zu warnen.

Der Mann, der mit den Ski eine einsame Spur in den zuvor noch unbefahrenen Hang zieht. Bei jedem Schwung staubt der Pulverschnee auf. Was für eine traumhafte Szenerie. Oder die Tourengeherin, die sich über einen steilen Hang ihrem Ziel, dem Gipfel, nähert. Die Sonne scheint. Logisch. Und beeindruckend. Macht Lust auf mehr. Darauf, sich gleich selbst aufzumachen und in die winterliche Landschaft zu stürzen – soll es auch. Denn solche Bilder werden von den Tiroler Touristikern jedes Jahr zu Tausenden in aller Welt verbreitet.
Sie entfachen in den potenziellen Gästen den Wunsch, frei zu sein. Mit dem Bedürfnis nach Abenteuern lässt sich Geld verdienen. Für Werbung wählen PR-Fachleute spektakuläre Aufnahmen aus, das kann ihnen nicht wirklich vorgeworfen werden. Sehr wohl aber, dass diese Kampagnen einzig und allein darauf ausgelegt sind, gewisse Zielgruppen ins Land zu locken und andere Konsequenzen auszuklammern.
Acht Menschen starben seit Freitag in Tirol bei Lawinenunfällen – bis auf den Fahrer eines Schneepflugs in Osttirol waren es Wintersportler. Bereits eine Woche zuvor wurde auf die große Gefahr hingewiesen, die abseits gesicherter Pisten lauert. Eindringlich. Wiederholt. Umsonst? Viele Menschen sind trotz dieser Warnungen ins Gelände, haben sich die Tourenski angeschnallt, eine Variantenabfahrt gewagt. Die traurigen Folgen sind bekannt. Leichtsinn und Selbstüberschätzung tragen sicherlich eine nicht unerhebliche Mitschuld an den Ereignissen des vergangenen Wochenendes. Dass die seit langer Zeit praktizierte Werbestrategie Teil des Problems ist, lässt sich trotzdem nicht von der Hand weisen. Videos, Fotos, Blogbeiträge von, mit und über waghalsige Bergsportler haben Spuren hinterlassen. Und konterkarieren nach wie vor die Bemühungen der Experten, das Risikobewusstsein in der Bevölkerung zu schärfen.
Jedenfalls sind Touristiker und ihre Werbefachleute nun umso mehr gefordert, sich das, was passiert ist, genau anzusehen, zu evaluieren, Schlüsse zu ziehen, künftig auch mehr Sensibilität und Feingefühl an den Tag zu legen. Damit ließe sich ganz einfach die Sicherheit im Land erhöhen – für Einheimische wie auch Gäste. Es gibt genügend Dinge, mit denen sich Urlaube in Tirol bewerben lassen. Der unbefahrene Hang sieht bestimmt auch ohne Skifahrer traumhaft schön aus. Ein steiler, verschneiter, von der Sonne beschienener Hang steht doch für sich und kann beeindrucken. Die Gefahr als Geschäftsmodell sollte jedenfalls ausgedient haben.

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