TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Ausgabe vom Samstag, 11. März 2023, von Michael Sprenger: „Zurück in die Zukunft“

Innsbruck, Wien (OTS) Nehammers „Rede zur Zukunft der Nation“ gab einen Vorgeschmack auf einen baldigen Wahlkampf. Der Kanzler orientiert sich an den Inhalten der FPÖ, betont konservative Grundsätze – und verabschiedet sich von Schwarz-Grün.

Wer erwartet hat, dass Karl Nehammer mit einer – nicht einmal bahnbrechenden, aber doch neuen – Ansage zu den Herausforderungen der Zeit (Klimawandel, Teuerung oder Gefahren für die Demokratie) aufhorchen lässt, der war wohl nach seiner Rede enttäuscht – oder eben von vornherein nicht naiv genug. Der ÖVP-Obmann wollte nicht überraschen mit Neuem. Er setzt auf Altbekanntes. Er hat auch nicht das Jahr 2030 im Visier, wie er uns erklärt hat, sondern den nächsten Wahlkampf. Das ist aus seiner Sicht nachvollziehbar. Denn Karl Nehammer ist keinesfalls bereit, mit den Grünen die Regierungsarbeit bis zum Herbst 2024 abzudienen, um dann das Kanzleramt zu räumen. Das Gegenteil ist der Fall.
Nehammer verabschiedet sich aber endgültig von Schwarz-Grün. Das werden zwar die Grünen immer noch nicht behirnen, werden weiter die Handschlagsqualität vom „Gust“ (Wöginger) betonen und sagen, dass man mit dem „Karl“ (Nehammer) so gut zusammenarbeiten kann. Der Kanzler wettert derweil gegen das Gendern, setzt auf den weiteren Einsatz des Verbrennungsmotors, will Sozialleistungen kürzen und das Wohnungseigentum fördern.
Nehammer orientiert sich klar und eindeutig an der FPÖ und deren Wählerschaft. Deshalb ist es wohl kein Zufall, dass jetzt auch in Niederösterreich die Weichen auf eine ÖVP/FPÖ-Zusammenarbeit gestellt worden sind. Und wer weiß, ob nicht auch in Kärnten noch eine Koalition ohne die SPÖ gebildet wird?
Die ÖVP scheint einen Plan zu verfolgen. Zuerst das Veto gegen eine Schengen-Erweiterung um Rumänien und Bulgarien (bisserl Muskeln zeigen gegen Brüssel). Dann die Ankündigung einer Corona-Versöhnung (Rückholversuch von zutiefst verärgerten Konservativen auf dem Land). Wenn jetzt in Niederösterreich (und vielleicht auch in Kärnten und dann in Salzburg) ein national-konservatives Bündnis gezimmert wird, dann müsste eigentlich jedem klar sein, was die ÖVP unter Nehammer vorhat.
Die Rede ist gehalten, jetzt gilt es für die ÖVP abzuwarten. Ist die angeschlagene SPÖ in der Lage, ihre Intrigen zu beenden oder arbeitet man weiter am „Projekt Selbstzerstörung“? Bei Vorliegen der Antwort wird die ÖVP den Fahrplan für die Wahl entwerfen. Wäre man ihr Berater, müsste man sagen: Ball flach halten. Warten, bis alle urlauben und von besseren Zeiten träumen, dann das Parlament auflösen und im Herbst wählen lassen. Denn ob des Zustands der SPÖ wird die Lage für die ÖVP mit ihrem Programm „Zurück in die Zukunft“ nicht besser werden.

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