TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Ausgabe vom Montag, 6. Februar 2023, von Manfred Mitterwachauer: „Schwarz-rotes Kuschel-Klima“

Innsbruck (OTS) Mit 100 Arbeitstagen am Buckel ist die Schonzeit für die von LH Anton Mattle (VP) und LHStv. Georg Dornauer geschmiedete neue VP-SP-Koalition abgelaufen. Auf der Habenseite der Landesregierung findet sich noch wenig Zählbares.

Mantra-artig wiederholen Anton Mattle und Georg Dornauer, wie toll denn die Stimmung und wie konstruktiv die Zusammenarbeit innerhalb der neuen schwarz-roten Tiroler Regierung aktuell so sei. Was sonst? Alles andere wäre ein Armutszeugnis. Schließlich haben die beiden Landesparteichefs von ÖVP und SPÖ ihre Koalition erst vor etwas mehr als 100 Tagen aus der Taufe gehoben. Die Schonfrist – die Zeit des Einarbeitens und der koalitionären Familienaufstellung – ist nun vorbei. Es gilt, einen Gang höher zu schalten und vom Kuscheln ins Arbeiten zu kommen.
An Schlagzeilen ließ es die neue Landesregierung in den vergangenen dreieinhalb Monaten nicht mangeln. Weil auch viel Geld verteilt wurde. So wurde die Wirtschaftsförderung auf neue Beine gestellt, die Behinderten- und Kinder/Jugendhilfe besser dotiert, der Heizkostenzuschuss verlängert und ausgeweitet und noch mehr. Über vielen dieser Maßnahmen steht jedoch der Zwang, der ungebrochenen Teuerung die Stirn bieten und zeitgleich die höheren Lohnkosten durch die gestiegenen Gehaltsabschlüsse abfedern zu müssen. Schwarz-Rot ist hier mehr oder weniger fremdbestimmt. Der eingerichtete Teuerungsrat gaukelt lediglich Tiroler Handlungs-Autonomie vor.
Abseits der Abarbeitung dieser krisengesteuerten To-do-Liste, die zum Pflichtenheft einer jeden Landesregierung, unabhängig von deren parteipolitischer Zusammensetzung, gehören würde, hat Schwarz-Rot aber bis dato noch wenig Zählbares auf der Habenseite zu verbuchen. Außer viele Ankündigungen und Versprechen. Die Praxistauglichkeit der klausurgeborenen Photovoltaikoffensive muss Mattle erst noch beweisen. Und auch, ob Gemeindereferent Mattle als LH-Troubleshooter taugt, wird sich an der noch offenen GemNova-Befriedung messen lassen müssen. Dass Mattle nicht mit dem mit Vollgas durchs Land dampfenden Image-Zug seines jungen LH-Vizes Dornauer mithalten kann, war nicht nur erwartet worden, sondern hat sich in den ersten 100 Tagen bewahrheitet. Das mag zwar Mattle selbst nicht beunruhigen, solange der „Honeymoon“ zwischen ÖVP und SPÖ anhält. VP-intern wird die dornauersche Profilierung aber schon jetzt mit Argwohn beäugt. Dornauer weiß sich zu vermarkten. Versprochen hat er viel: u. a. bei den (geerbten Baustellen) Tiroler Soziale Dienste und MCI-Neubau. Ob dem roten „Schorsch“ aber auch die nötigen Umsetzungs-Muskeln wachsen, wird sich weisen: vor allem beim leistbaren Wohnen.
Bis zum ersten Koalitionsgeburtstag verbleiben Schwarz-Rot noch 262 Tage. Spätestens dann wird die versprochene „Stabilität in der Krise“ aber zu wenig sein. Dann muss bereits die „Erneuerung für Tirol“ nachhaltig unter Strom stehen.

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