Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 8. Juli 2019. Von PETER NINDLER. „Schwarzer Balanceakt“.

Innsbruck (OTS) Personalentscheidungen wie für die Nationalratswahl rütteln immer an der Balance in der Tiroler VP. Die „bündische Sozial-partnerschaft“ zerrt zwar an den Nerven eines jeden Parteichefs, sie ist aber zugleich die große Mobilisierungsstärke der VP.

Wer will schon stromlinienförmige Parteien haben? Wenn innerparteilich diskutiert wird, hat das nichts mit alt oder neu, schwarz oder türkis zu tun, sondern mit Breite und Dynamik. Die Tiroler Volkspartei mit ihrer bündischen Organisationsstruktur, die zwar Personalentscheidungen nicht ganz einfach macht, lebt damit nämlich ganz gut. 42,6 Prozent bei der EU-Wahl und 44,2 Prozent bei der Landtagswahl 2018 drücken ihre Mobilisierungsstärke aus; obwohl es zwischen Bauern-, Wirtschafts- und Arbeitnehmerbund öfters kracht und Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl regelmäßig türkis-blaue Machtmauscheleien auf dem Rücken der Arbeitnehmer kritisiert hat. Manche mögen es in der ÖVP nicht gerne hören: Aber die charakteristische „bündische Sozialpartnerschaft“ ist ein Erfolgsgeheimnis der Tiroler Volkspartei.
Vor der Nationalratswahl 2017 geriet sie aus dem Gleichgewicht, weil die Arbeitnehmer aufs Abstellgleis gestellt wurden. Diesen Fehler wird Parteichef und Landeshauptmann Günther Platter diesmal nicht machen. Denn zu viel steht auf dem Spiel, nicht nur bei der Nationalratswahl im September. Für die sozialpolitischen Herausforderungen wie leistbares Wohnen und vor allem finanzierbare Grundstücke benötigt Platter eine Balance zwischen seinen Bünden. Die Unterstützung des grünen Koalitionspartners ist ihm allemal gewiss, wenn es um kostendämpfende Maßnahmen bei Widmungen und Immobilien geht.
Eines muss Platter ebenfalls beachten: Im Gegensatz zu 2017, als die Grünen aus dem Parlament geflogen sind und dann mit einem Negativ-Rucksack die Landtagswahl schlagen mussten, könnten wieder erstark­te Grüne auf Bundesebene und im Parlament den Juniorpartner in Tirol ebenfalls beflügeln. Da zeichnen sich im Wahlkampf ohnehin schon Konfliktlinien ab, wie beim Klimaschutz. Deshalb kann der Tiroler ÖVP-Chef Spannungen in seinen Reihen gar nicht brauchen. Ganz andere Sorgen quälen hingegen Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer. Er muss befürchten, dass türkise und grüne Erfolge bei der Nationalratswahl die Koalition in Tirol noch mehr zusammenschweißen. Die drohende Niederlage der SPÖ dürfte wiederum an Dornauers Image im Land kratzen. „Wohin soll ich mich wenden?“, wird sich der SPÖ-Chef schon derzeit fragen. Sein Zickzackkurs zwischen ÖVP und den anderen Oppositionsparteien fällt bereits auf. Damit sitzt er bald zwischen allen politischen Stühlen, eine Rolle, die dem aufstrebenden Dornauer bisher fremd war.

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