Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 30. Oktober 2017. Von MICHAEL SPRENGER. „Die andere politische Farbenlehre „.

Innsbruck (OTS) Die Regierungsjahre unter Schwarz-Blau waren alles andere als gut beleumundet. Sebastian Kurz will das vergessen machen. Beweisen können Schwarz und Blau dies mit Inhalten – nicht mit bloßer Umfärbung.

Der Start der Regierungsverhandlungen wurde von den beiden Parteichefs Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache gelobt. Viel von gegenseitigem Respekt war die Rede, von Wertschätzung und einem Verhandeln auf Augenhöhe. Alles andere wäre zum Auftakt von Verhandlungen fatal gewesen.
Die Eröffnungsgespräche können zudem als Versuch interpretiert werden, sich von der jüngeren Vergangenheit abzunabeln. Von beiden Seiten wird der „neue Stil“ betont. Der Subtext scheint klar: Die Zeit des lähmenden Gegeneinanders in den schwarz-roten Regierungsjahren soll von einem Miteinander abgelöst werden.
Doch Kurz und Strache wissen auch, dass sie nicht so sehr an der Vorgängerregierung gemessen werden, sondern an den schwarz-blauen Regierungsjahren. Kanzler Wolfgang Schüssel verfolgte eine Reformagenda, doch seine Kanzlerschaft wurde von Korruption überschattet. Das Drehbuch zu den Koalitionsverhandlungen will es so, dass eine Angelobung von Schwarz-Blau in zeitliche Nähe mit dem Prozessbeginn der Causa Buwog fallen dürfte.
Straches FPÖ will schon lange mit dieser Zeit nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Sie nützten die Parteispaltung unter Jörg Haider für eine politische Kindsweglegung. Kurz hingegen will mit dem Farbpinsel die Erinnerung an die Zeit zwischen 2000 und 2006 zudecken. Für ihn und die Seinen ist Türkis das neue Schwarz. Also soll man künftig von Türkis-Blau reden und nicht den Kampfbegriff des politischen Gegners verwenden.
Aus Sicht des jungen Parteiobmanns ist dies nachvollziehbar. Doch so einfach kann man sich der Parteiengeschichte nicht entledigen. Das dokumentierte zuletzt der frühere Nationalratspräsident Andreas Khol am ÖVP-Jubelparteitag. Da wurde ihm die Frage gestellt, ob aus den Schwarzen jetzt eine Bewegung werde: „Schauen Sie, das sind Pickerln. Ich kann eine Marmelade Marmelade oder Konfitüre oder Jam oder Fruchtmark nennen – es bleibt immer Marmelade.“ Wenn es nun in den Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ ums Eingemachte geht, dann können sie mit Inhalten zeigen, dass sie keine Kopie vom alten Schwarz-Blau planen.
Denn jetzt schon eine geplante Zusammenarbeit dieser beiden Parteien zu kritisieren, ohne ihre Agenda zu kennen, ist unredlich. Eine Koalition anders zu benennen, nur weil diese nicht an die Vergangenheit erinnert werden will, kommt aber einem Etikettenschmäh gleich. Letzendlich bleibt die ÖVP immer die ÖVP.

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