Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 29. August 2020. Von ALOIS VAHRNER. „Von Zuckerbrot und Peitsche“

Innsbruck (OTS) Nach einem schwierigen Corona-Herbst und -Winter soll das Leben ab Mitte 2021 wieder normal sein, verheißt Bundeskanzler Sebastian Kurz der Bevölkerung. Am Prüfstand steht nach einigen Fehlern und Pannen auch die Regierung.

Die Corona-Krise werde schneller vorbeigehen als von vielen Experten befürchtet, es gebe „Licht am Ende des Tunnels“, sagte Kurz gestern in seiner Erklärung zur aktuellen Lage. Nach der Öffnungswelle waren die Infektionszahlen zuletzt überall deutlich gestiegen, mit der bevorstehenden kälteren Jahreszeit drohen wieder sehr schwierige Monate im Herbst und dann vor allem im Winter. Hatte Kurz nach dem Lockdown heuer „neue Normalität versprochen, spricht er jetzt (übrigens doch um einiges optimistischer als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ebenfalls gestern) von der Rückkehr zur „alten Normalität“ im Sommer 2021. Seine Hoffnung schöpft der Kanzler wohl aus der Aussicht, dass in einigen Monaten bald wirkungsvolle und getestete Impfstoffe zur Verfügung stehen werden. Vor dem „Comeback“ des freien Vor-Corona-Lebens wird es aber wohl wieder etliche Verschärfungen geben (müssen). Vor dem Zuckerbrot kommt also wohl noch die Peitsche.
Viel tatsächlich Neues hat Kurz, der diesmal auf Optimismus statt düstere Szenarien setzte, den Österreicherinnen und Österreicher­n gestern nicht gesagt. Die Opposition, die der Kanzler übrigens künftig wieder stärker einbinden will, kritisierte ebenso prompt (wie auch wenig überraschend) eine „Selbstinszenierung“ und „Floskeln ohne Inhalte“.
Österreich ist vor allem auch dank der großen Disziplin weiter Teile der Bevölkerung bisher gut durch die erste Welle der Pandemie gekommen – allerdings muss der jüngste Infektions-Anstieg Warnung genug sein, die Zügel nicht schleifen zu lassen. Der zunächst sehr harte Kurs der türkis-grünen Koalition wurde von einer großen Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen, zuletzt ist die Zustimmung allerdings sukzessive leicht gebröckelt. Dies auch, weil etliche auch größere Fehler und Pannen passiert sind – angefangen vom Ostererlass und gesetzwidrigen Verordnungen über ein zuweilen nicht nachvollziehbares Regelungs-Wirrwarr bei Maskenpflicht oder Abständen bis hin jüngst zum Stau-Chaos an der Grenze zwischen Slowenien und Kärnten. Der Aufschrei der Touristiker, dass man mangels Regelungen im Nebel tappe, ist ebenso zu nennen wie die Unklarheiten über die vor Langem angekündigte und kommende Woche startende Corona-Ampel. Nach Grün beim Ausbruch der Pandemie steht die Ampel für die Koalition selbst derzeit nur noch auf Gelb. Laut Umfragen liegen ÖVP (41 Prozent) und Grüne (16 Prozent) noch immer besser als beim Start. Die Kurve zeigt aber auch hier leicht nach unten.

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