Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 28. Jänner 2023. Von ALOIS VAHRNER. „Niederösterreich-Wahl mit Nachbeben“.

Innsbruck (OTS) Die gesamte Bundespolitik blickt am Sonntag mit Hochspannung auf die Landtagswahl in Niederösterreich. Vor allem für die dort alles dominierende ÖVP steht viel auf dem Spiel. Die türkis-grüne Bundeskoalition wird aber weitermachen.

Die Zeiten, in denen Sebastian Kurz als vermeintlicher Wunderwuzzi die türkis-schwarze Volkspartei im Bund und auch in den Ländern von einem Wahl­erfolg zum nächsten gepusht hat und zumindest zu Beginn der Corona-Maßnahmen in Umfragen auf knapp 50 Prozent hochspringen ließ, sind längst vorbei. Nach Affären, Skandalen und dem vom Koalitionspartner Grüne miterzwungenen Rücktritt von Kurz grundelt die Volkspartei momentan bei Werten um die 22 Prozent – und liegt wie vor der Kurz-Kür nach FPÖ und SPÖ nur auf dem dritten Platz.
Bereits bei der Landtagswahl in Tirol mussten sich die Parteistrategen auch in Wien auf einen Absturz gefasst machen. Entgegen den meisten Umfragen rutschte die ÖVP unter ihrem neuen Chef Anton Mattle aber nicht unter 30 Prozent. Alles ist relativ: Mit 34,7 Prozent gab es zwar einen Absturz um fast 10 Prozentpunkte, angesichts der je nach Sichtweise noch weit größeren Befürchtungen bzw. Hoffnungen nahm sich die Wahlschlappe aber fast wie ein kleiner Sieg aus.
Bei der anstehenden Niederösterreich-Wahl ist die Gefahr eines politischen Nachbebens, wenn die ÖVP von den Wählerinnen und Wählern abgestraft wird, um einiges größer. Zu groß ist die Bedeutung des bevölkerungsreichen schwarzen Kernlandes für die ÖVP, durchaus vergleichbar mit Wien für die SPÖ. Im Jahr 2018 konnte die niederöster­reichische ÖVP mit politischem Kurz-Rücken­wind fast 50 Prozent der Stimmen holen. Diesmal bläst viel Gegenwind durch die allgemeine Problemlage aus Pandemie, Teuerung und Migration, weiters aber auch die ÖVP-Affären im Bund und in Niederösterreich selbst. Für Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner geht es am Sonntag um alles. Entscheidend wird wohl sein, ob sie die Schwarzen wenigs­tens über der 40-Prozent-Marke halten kann und ob die ÖVP die absolute Mehrheit in der proporzmäßig zusammengesetzten Landesregierung behält oder verliert. Davon, ob die ÖVP wie in Tirol mit einem blauen Auge davonkommt oder ob die VP tief nach unten rasselt, hängt auch Mikl-Leitners eigenes Polit-Schicksal ab.
So groß die Bedeutung der Niederöster­reich-Wahl auch als Gradmesser für die Bun­despolitik ist, so wenig dürfte dort vorerst in der Folge passieren. Die ÖVP unter Kanzler Karl Nehammer hat genau null Interesse, vorzeitig wählen zu lassen. Dort wären massive Verluste vorprogrammiert und in der Folge die ungeliebte Rolle als Koalitions-Juniorpartner oder in der Opposition. Und auch für die Grünen ginge es mit weit weniger Gewicht in eine Dreier-Koalition oder noch wahrscheinlicher in die Opposition. Diese triste Aussicht schweißt ÖVP und Grüne bis 2024 fest zusammen.

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