Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 21. April 2023. Von ALOIS VAHRNER. „Zentralismus auf Kosten Tirols“.

Innsbruck (OTS) Abzuwarten, ob die heftige Kritik der Arbeiterkammer-Präsidenten an den hohen Geldabflüssen aus den westlichen Bundesländern in den ÖGK-Topf auch die Landespolitik aufweckt. Zentralismus kostet Tirol und andere Länder viel.

Tatsächlich durfte man etwa bei Corona fragen, ob das Virus in Wien mit seinen lange strengeren Regeln gefährlicher war als anderswo, oder warum es in gar nicht so wenigen Bereichen (vom Baurecht bis zum Jugendschutz) bis zu neun verschiedene länderspezifische Regelungen brauchen soll. An einer sinnvollen und effizienten Neuordnung haben sich, ja gerade auch wegen Widerständen aus den Ländern, schon viele die Zähne ausgebissen. So blieb auch der einstige Verfassungskonvent letztlich ein Papiertiger. In manchen Bereichen ist Österreich tatsächlich zu klein für kleinliche Alleingänge.
Es gibt aber auch die andere Seite, und die heißt einseitige Zentralisierung zu Lasten der regionalen Strukturen. Föderalismus und Bürgernähe eignen sich gut für Sonntagsreden, die Wahrheit sieht zuweilen völlig anders aus. Wenn zentralisiert wird, dann großteils in den Wasserkopf Wien (das Wasserkopf-Syndrom gibt es bei so manchen Maßnahmen übrigens auch in Tirol selbst, wenn von den Regionen nach Innsbruck verlagert wird).
Der österreichische Zentralismus ist ein überaus ausgeprägter, wie das Institut für Föderalismus vor einigen Jahren bei einer Vergleichsstudie festgestellt hat. Demnach sind in Deutschland die Zentralen von 67 verglichenen Bundesdienststellen auf 24 verschiedene und teils nicht allzu große Städte verteilt. Die 47 für den Vergleich herangezogenen Schweizer Bundesdienststellen sind in elf verschiedenen Standorten angesiedelt. In Österreich reicht, um diese zu besuchen, mit 65 von 68 herangezogenen Bundeseinrichtungen allein der Wiener Stadtplan. Wien, Wien nur du allein.
Gerade die ÖVP, die sechs Landeshauptleute stellt und den Föderalismus so gerne im Munde führt, hat entgegen mancher Ankündigung genau das Gegenteil gemacht: Bei verschiedenen Bundesorganisationen wurde zentralisiert, zuletzt etwa bei den Finanz-ämtern und eben auch bei den Krankenkassen. Da blieb die von FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein versprochene „Patienten-Milliarde“ wohl ebenso für viele ein leeres Versprechen wie einst der Gitti-Ederer-Tausender nach dem EU-Beitritt.
Zentralisierungen Richtung Wien kosten nicht nur Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten, sondern auch gute Jobs und Kompetenzen im Land. Noch bitterer wird es, wenn dann auch noch viele Millionen abfließen, wie jetzt bei der ÖGK mit Tiroler Überschüssen oder vorher bei den Reserven, wo die Landespolitik so ziemlich über den Tisch gezogen wurde. Leider kennt man das ja schon seit vielen Jahren bei der Maut, wo nur Lärm und Gestank ganz im Lande bleiben, nicht aber die Einnahmen.

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