Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 19. Mai 2018. Von MARIO ZENHÄUSERN. „Politische Tragikomödie“.

Innsbruck (OTS) - Nationalrat und Tiroler Landtag lieferten in dieser Woche Beispiele für Oppositionspolitik der Opposition wegen. Wer so agiert, darf sich nicht wundern, dass sich immer mehr Menschen enttäuscht von der Politik abwenden.

In Demokratien westlichen Zuschnitts nimmt die Opposition im Regelfall eine wichtige Rolle ein: Ihr obliegt die Kontrolle der Regierung, in deren Händen sich ja die Exekutive befindet. Das bedeutet oft, aber eben nicht zwangsweise, dass die Opposition ausnahmslos als Antithese zur Regierung fungiert. Die kommunale Ebene liefert dafür Beispiele zuhauf: In ländlichen Gemeinderäten fallen – Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel – die meisten Entscheidungen einstimmig, obwohl auch hier eine klare Trennung zwischen jener Partei oder Gruppierung, die den Bürgermeister stellt, und der so genannten Opposition existiert.
Derzeit hat es in Österreich den Anschein, als ob dieses Verhältnis zwischen Regierung und Opposition umso komplizierter und undurchsichtiger wird, je höherrangig das politische Entscheidungsgremium ist. Sowohl der Nationalrat als auch der Tiroler Landtag zeigten in der vergangenen Woche vor, wie Opposition zur reinen Alibipolitik verkommt, wie Parteiprogramme und Ideologien über Bord geworfen werden, um der Regierung oder dem politischen Gegner eins auszuwischen. Zum Beispiel die FPÖ, die noch vor zwei Jahren (damals als Oppositionspartei) mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen das Freihandelsabkommen CETA zu Felde zog. Jetzt, als Regierungspartei, befürwortet sie den Vertrag zwischen der EU und Kanada vollinhaltlich. Das ist natürlich ein Akt der Selbstverleugnung. Geradezu grotesk aber wird die Sache erst durch das Zutun der SPÖ. Die hat CETA vor zwei Jahren als Regierungs- und Kanzlerpartei gegen den Willen der eigenen Parteimitglieder regelrecht durchgepresst, ist jetzt ins Lager der Kritiker gewechselt und wirft nun der FPÖ jenen Sinneswandel vor, den sie selbst in gleichem Maße vollzogen hat. Das ist Politik zum Abgewöhnen.
Ins Drehbuch dieser schwer zu toppenden politischen Tragikomödie passt auch die skurrile Debatte um einen Allparteienbeschluss des Tiroler Landtags in Sachen Transitpolitik. Die Freiheitlichen, bis jetzt in Verkehrsfragen immer auf Seiten der Landesregierung, ließen zwar wissen, dass sie inhaltlich kein Problem mit dem Antrag hätten. Mitstimmen aber würde die FPÖ dennoch nicht: Man werde die „reine Symbolpolitik“ der schwarz-grünen Landesregierung nicht mittragen. Dass die FP-Abgeordneten dann nach heftigen Protesten aller anderen Parteien doch mitstimmten, setzte den Schlussstrich unter einen in jeder Hinsicht blamablen FPÖ-Auftritt.
Bitteres Fazit: Wer so agiert, darf sich nicht wundern, dass sich immer mehr Menschen enttäuscht von der Politik abwenden.

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