Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 13. Jänner 2018. Von GABRIELE STARCK. „Rosarotes Werben für die GroKo“.

Innsbruck (OTS) Für die Vorsitzenden von Union und SPD geht’s um alles. Dementsprechend enthusiastisch verkaufen sie die gestrige Einigung bei den Sondierungsgesprächen. – Gerade weil sie noch kein Garant für eine Regierungsbildung ist.

Botschaft verstanden. Jetzt machen wir’s besser!“ So klang, was Union und SPD nach dem Sondierungsmarathon den Deutschen mitteilen wollten. Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) gaben sich alle Mühe, das 28-Seiten-Papier als Aufbruch in ein modernes Deutschland zu verkaufen und ihre Worte als inhaltsschwer. Und sie waren darauf bedacht, ihr Glücksempfinden über das Erreichte zu transportieren.
Das mussten sie auch. Ihre Parteien haben am 24. September ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren. Eine Neuwahl würde ihnen weitere Negativrekorde und der AfD den nächsten Höhenflug bescheren. Vom Zustandekommen dieser Regierung hängt also auch das Schicksal der drei Parteiobleute ab. Da die SPD-Spitze auf dem Weg dorthin aber noch zwei Mal die große Skepsis der Parteibasis zu überwinden hat, mussten Merkel und Seehofer gestern auch „rote Inhalte“ bewerben.
Das Sondierungsergebnis macht es möglich. Wirtschaftsliberale oder grüne Eckpunkte, wie sie Merkel in den Jamaika-Sondierungen noch zugestehen musste, sind verschwunden. Es ist ein Papier, das jeder Wählergruppe der potenziellen Koalitionspartner etwas bietet – ohne dass es den jeweils anderen allzu weh tut. Den Gutverdienern etwa bleibt ein höherer Spitzensteuersatz erspart, den Braunkohle-Ländern ein Datum für den Kohleausstieg. Das Klimaziel ist plötzlich situationselastisch, und die CSU erhält ihre rigorose Asylpolitik. Die Hauptbotschaft an die Bürger aber soll sein: Wir kümmern uns um eure Alltagsprobleme, denken aber auch ans große Ganze. Und genau davon muss Schulz jetzt seine Genossen überzeugen. Auch wenn die Union ihm einen höheren Spitzensteuersatz und die Bürgerversicherung verwehrt hat, im Papier ist die rote Handschrift deutlich zu erkennen. Eine Solidarrente über der Grundsicherung, das Recht auf Ganztagsbetreuung, das Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit, und bei der Krankenversicherung werden die Arbeitgeber künftig wieder die Hälfte beisteuern müssen.
Und das große Ganze? Das ist Europa, dem das ausführlichste Kapitel gewidmet wurde. Die drei Parteichefs beweisen damit, dass man ausgerechnet im größten EU-Land mit der höchsten Wirtschaftskraft weiß, dass ein Nationalstaat allein keine Chance hat. Dass nur eine einige und gestärkte EU mächtig genug ist, gegen die USA, Russland und das aufstrebende China zu bestehen. Deshalb sollten auch die nichtdeutschen Europäer darauf hoffen, dass die Genossen der GroKo zustimmen.

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