TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Ausgabe vom 12. November 2022, von Alois Vahrner: „Alarmsignal für die gesamte Politik“

Innsbruck (OTS) Die miserablen Werte im APA-OGM-Vertrauensindex sind ein weiterer Tiefschlag für die Bundesregierung – wegen ihrer Affären zuvorderst aber die dafür hauptverantwortliche ÖVP. Doch auch die Opposition kommt nicht gut weg.

Selbst der kürzlich wiedergewählte Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat seit der letzten Umfrage leichte Einbußen erlitten, mit einem Positiv-Saldo (aus „Habe Vertrauen“ bzw. „Habe kein Vertrauen“) von 27 Prozent liegt das Staatsoberhaupt aber weiterhin klar an der Spitze. Dahinter folgen Justizministerin Alma Zadić (Grüne) als beliebtestes Regierungsmitglied mit einem Plus-Saldo von 11 und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Zadić hat sich bei der Welle an VP-Angriffen klar hinter die Justiz gestellt, der frühere Wirtschaftsforscher Kocher gilt als Experte statt Parteisoldat. Sonst im Plus ist nur noch Nationalrats-Vizepräsidentin Doris Bures (plus 7).
Dass sonst die komplette Regierung im Vertrauens-Minusbereich rangiert, ist alles andere als ein Ruhmesblatt. Ganz am Schluss der Tabelle liegt Wolfgang Sobotka mit einem Minus-Wert von 59 – und das als Nationalrats-Präsident in einem Amt, das eigentlich hohe Vertrauenswerte garantieren sollte.
Ein Teil des Vertrauensverlustes ist sicher auch den in jeglicher Hinsicht für die Bevölkerung und Wirtschaft seit Jahren so belastenden Krisen (nach Corona kamen die Energie­krise und die Teuerungswelle) geschuldet. Der Ibiza-Skandal der FPÖ hat Türkis-Blau gesprengt, die Chat- und andere Affären haben Bundeskanzler Sebastian Kurz aus dem Amt katapultiert und die ÖVP in eine schwere Krise gestürzt, aus der sie einfach nicht mehr herauszufinden scheint – wohl auch deshalb, weil die Bevölkerung bis heute auf ein Wort der Reue oder der Kritik am Vorgefallenen wartet. Insofern bleibt auch ÖVP-Chef Karl Nehammer in der Dauer-Defensive. Ein Minus-Wert von 11 beim Vertrauen ist schwach, obwohl da auch nur NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger (Minus 8) etwas höher liegt. Kanzler-Anwärterin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) liegt bei einem Minus von 13, Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei einem Minus von 16, FPÖ-Parteichef Herbert Kickl sogar bei einem Minus von 53.
Fazit ist, dass Regierung und auch Opposition in einem Vertrauensminus stecken. Das ist ein lautes Alarmsignal für die Politik ganz allgemein und letztlich für die Demokratie, die, wie viele Grundrechte und der Wohlstand auch, im Wettlauf mit China, Russland und einer Reihe anderer Autokratien herausgefordert und gefährdet ist.
Die ÖVP ist nach der Ära Kurz noch angeschlagener als davor, nach Tirol (Liste Mattle) will jetzt auch das nächste Kernland Niederösterreich bei der Wahl nichts mit dem ramponierten Namen ÖVP zu tun haben. Gibt es da trotzdem eine arge Schlappe, könnte es noch turbulenter werden. Und dann würde auch der letzte türkis-grüne Koalitions-Kitt (beide würden nach einer Wahl geschwächt und/oder in die Opposition müssen) nicht mehr halten.

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